Soziales - Heidelberger Verein „Aktion für krebskranke Kinder“ finanziert seit zwölf Jahren Musiktherapie an Kinderklinik

Ängste dürfen gerne mal weggetrommelt werden

Von 
Michaela Roßner
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Freuen sich über die Spende für die neuen Instrumente (v.l.): „Kinderplanet“-Leiterin Alicia Amberger und Musiktherapeutin Christiane Hillebrenner. © Philipp Rothe

Heidelberg. Die Rasseln sehen aus wie Birne, Apfel und Banane. Die Ukulele ist aus durchsichtigem Kunststoff - so lässt sie sich leicht desinfizieren. Und die kleinen gelben Handschmeichler, in denen Reiskörner stecken, dürfen auch mal traurige Gesichter zeigen: Musiktherapeutin Christiane Hillebrenner hat für ihre Einsätze an der Angelika-Lautenschläger-Kinderklinik in Heidelberg ganz besondere Instrumente im Gepäck. Dank einer Spende des Vereins „Aktion für krebskranke Kinder“, der auch seit zwölf Jahren ihre Halbtagsstelle finanziert, sind gerade ein paar frische Tonerzeuger hinzugekommen.

Musiktherapie

  • „Musik ist Spiegel unserer Emotion und schafft Zugang zu unserer Seele“, formuliert die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft auf ihrer Internetseite.
  • Bei der Musiktherapie werden Töne gezielt eingesetzt, um eine therapeutische Wirkung zu erzielen.
  • Schon im Alten Testament gibt es Hinweise darauf, dass Musik zur Heilung eingesetzt wurde.
  • Musiktherapie findet zum Beispiel in der Arbeit mit traumatisierten Menschen, in der neurologischen Rehabilitation, in Hospiz und in der Palliativbehandlung sowie bei Wachkoma-Patienten Anwendung.
  • Musiktherapeuten arbeiten mit Menschen aller Lebensalter.
  • In allen Bereichen der Psychiatrie – von Kinder- und Jugendpsychiatrie bis Gerontopsychiatrie – ist Musiktherapie ebenfalls zuhause.

Seit drei Wochen wieder geöffnet

„Es ist gut, dass wir wieder da sind“, sagt Alicia Amberger. Unter ihrer Leitung hat der „Kinderplanet“, die Kita im Erdgeschoss der Heidelberger Kinderklinik, nach der Corona-Schließung vor drei Wochen wieder geöffnet. „Wir bekommen jeden Tag dankbare Rückmeldung“, fügt die Leiterin hinzu. Damit sich die Eltern auf den Besuch bei dem oft an Krebs oder anderen lebensbedrohlich erkrankten Kleinen kümmern können, finanzierte der Verein die Betreuung der Geschwisterkinder im „Kinderplanet“. Im Moment noch mit auf fünf Stunden reduzierter Öffnungszeit und nur nachvorheriger Anmeldung - aber immerhin. Der Aufwand allein für die Einhaltung der Hygieneregeln sei groß, erzählt Amberger. So müsse etwa jedes Spielgerät nach jedem Gebrauch desinfiziert werden.

Hillebrenner seufzt nickend: „Da wir in der Kinderklinik natürlich - besonders bei den immunempfindlichen jungen Patienten - immer schon penibel auf Hygiene geachtet haben, ist uns das alles bereits vertraut.“ Dennoch sei seit Beginn der Corona-Pandemie vieles noch deutlich aufwendiger geworden. „Unsere Desinfektionsmittel wirken eine Stunde lang.“ Das bedeute, dass das Instrument für diese Zeit ausfalle für den Einsatz am Krankenbett. „Wie gut, dass wir jetzt eine noch größere Auswahl haben“, freut sie sich und blickt auf die Schätze vor ihr auf dem Tisch, die sie gerade ausgepackt hat: Es sind vor allem Percussion-Instrumente, die von der Spende in Höhe von 1000 Euro angeschafft wurden.

Seit 15 Jahren arbeitet die 46-Jährige als Musiktherapeutin. Den Diplomstudiengang absolvierte sie an der SRH Hochschule. Dass sie nun an der Universitäts-Kinderklinik arbeitet, passt für Hillebrenner perfekt: Im ersten Beruf hat sie als Kinderkrankenschwester gearbeitet.

Auf den Einsatz des „Klangauges“ freut sie sich besonders: Das Metallgefäß ist aus afrikanischen Ton-Klangschalen entwickelt worden und wird wie ein Xylofon mit Schlägeln zum Tönen gebracht. „Es hat einen sehr schönen Klang und ist auch für ältere Kinder interessant, weil sich hier auch ohne Vorkenntnisse leicht Melodien spielen lassen.“

Bei welchem Kind Hillebrenner mit ihren Schätzen auftaucht, wird im psychosozialen Team der Klinik und mit den Eltern besprochen. Jeder Besuch kann anders ablaufen - Hillebrenner geht auf die Wünsche und die aktuelle Situation der Kinder ein. „Gerade mit den Jüngsten entwickeln sich auch häufig Rollenspiele“, erzählt die Therapeutin. Da könne die Trommel dann auch gerne mal zum „Kuchenbacken“ fremdverwendet werden.

Anderer Zugang

„Die Musik ermöglicht eine andere Form des Zugangs als die Sprache allein“, beschreibt Hillebrenner die Chance der Therapieform. Die jungen Patienten und ihre Familien befinden sich in extrem belastenden Situationen, beschreibt sie ihre einfühlsame Begleitung. Mal ein paar Minuten lang die Krankheit vergessen zu können sei genauso möglich wie ein kraftvolles „Wegtrommeln“ der mit der Behandlung verbundenen Ängste.

„Ich bin stark“ habe ein Jugendlicher stolz gesagt, ein Instrument zu „Hanteln“ umfunktioniert und damit Muskelarbeit trainiert. Hillebrenner hat spontan ein Lied umgedichtet und mit dem Schwerkranken gesungen. „Kinder sind Vorbilder darin, im hier und jetzt zu leben“, weiß die Therapeutin. Und auch deshalb genießt sie ihre Arbeit auf Station, die trotz der schweren Schicksal dort alles andere als immer ein trauriger Ort ist.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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