Heddesheim - Gemeinderat billigt Millioneninvestition / Bis Ende 2022 soll alles laufen / Mehrere Gebäude sollen profitieren

Biogas liefert Wärme für Heddesheimer Sportzentrum

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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Aus Energiepflanzen wie Mais und Raps wird Biogas, das im Kraftwerk Strom liefert. Heddesheim nutzt bald die Abwärme.

Heddesheim. Die Gemeinde Heddesheim nimmt ihr Nahwärmenetz im Sportzentrum in Angriff. Der Gemeinderat hat dafür am Donnerstag fast einstimmig den Weg freigemacht. Nur Günther Heinisch von den Grünen stimmte dagegen. Ihm sei die Produktion von Biogas durch Energiepflanzen nicht ökologisch und nachhaltig genug, sagte er. Sein Abstimmungsverhalten ließ Bürgermeister Michael Kessler nicht unkommentiert: „Wenn Sie dagegen sind, können wir sicher sein, dass wir richtig liegen.“

Wie berichtet, erhält die Gemeinde für das ehrgeizige Vorhaben rund 1,6 Millionen Euro Fördermittel der EU. Es sei ein wichtiges Infrastrukturprojekt, sagte Kessler eingangs. Viele Tiefbauarbeiten müssten gebündelt werden. Das Vorhaben habe eine besondere Bedeutung im Rahmen der Klimaschutzbemühungen der Gemeinde. Nach einem monatelangen Hin und Her sei er glücklich über den Zuschussbescheid. Der Zeitplan sei sportlich, bis Ende 2022 müsse alles fertig sein: „Jetzt können wird das Projekt mit Energie und vollem Tempo angehen.“

Heizen mit Abfallprodukt

Die fachliche Seite des Projektes erläuterte Jochen Ohl von der Agentur 3P aus Viernheim. Eine bereits vorhandene Biogas-Anlage am Brunnenweg liefert die Wärme, die bei der Stromproduktion anfällt und bislang ungenutzt blieb. Über Rohre gelangt sie ins Sportzentrum. Dort entsteht als Anbau am Hallenbad eine neue Heizanlage. Von hier aus wird das warme Wasser verteilt. Außerdem kann die Anlage dann einspringen, wenn die Wärmelieferung wegen einer Störung ausfällt.

Abnehmer der Wärme sind eine Reihe von Liegenschaften der Gemeinde, darunter das Hallenbad, das Jugendhaus, die Nordbadenhalle und der geplante Sportkindergarten sowie die Vereinsgebäude in der Ahornstraße. Und weil die Straßen schon einmal offen sind, werden auch gleich die Stromleitungen erneuert und Glasfaserkabel verlegt.

Für den ersten Bauabschnitt liegen laut Kessler zwei Angebote vor, die mit 2,7 und 3,2 Millionen Euro um bis zu eine Million über der Kostenschätzung liegen. Das habe ihm im ersten Moment schon den Blutdruck steigen lassen, bekannte der Bürgermeister. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass man über vorliegende Nebenangebote wieder in Richtung der bisherigen Kostenschätzung kommen könne.

Die Biogas-Anlage hat nach Angaben von Ohl eine Leistung von maximal 800 KW. Sie kann bis zu 2,5 Millionen Kilowattstunden Wärme liefern und damit 70 bis 85 Prozent des Gesamtverbrauchs in den angeschlossenen Gebäuden abdecken. Den Rest übernimmt das Blockheizkraftwerk im Hallenbad. Auch der vorhandene Gaskessel bleibt. Ob auch die Abwärme aus der Kälteanlage der Eisbahn genutzt werden kann, werde geprüft.

Die eigentliche Baumaßnahme soll Anfang März beginnen, die Anbindung der Biogas-Anlage und der Bau der Heizanlage erfolgen im Sommer, der Anschluss der Gebäude wird Schritt für Schritt vorgenommen. „Das ist im laufenden Betrieb eine Herausforderung“, erklärte Ohl. Im Hallenbad wolle man die Sommerpause nutzen, an anderen Gebäuden könnten während der Bauzeit mobile Wärmecontainer erforderlich werden.

„Geld gut angelegt“

„Das Geld ist im kommunalen Klimaschutz gut angelegt“, sagte Martin Kemmet (CDU) und attestierte der Verwaltung „umsichtiges und zielgerichtetes Vorgehen“. Auch Günther Heinisch (Grüne) sieht sehr positive Aspekte und einen Beitrag zum Klimaschutz, stört sich aber an dem „nicht nachhaltigen“ Einsatz von Energiepflanzen in der Biogas-Anlage. Jürgen Merx (SPD) sprach von einem Leuchtturmprojekt in ganz Baden-Württemberg: „Während andere monatelang diskutieren, bringt Heddesheim solch ein Projekt innerhalb eines halben Jahres auf den Weg.“

Tobias Köber (FDP) lobte: „Heddesheim macht das, was es tun sollte. Das ist ein Vorbild für die ganze Region.“ Schließlich stimmte der Gemeinderat fast einstimmig für das Projekt und die Vergabe des Auftrags durch die Verwaltung, sofern die Kostenberechnung nicht überschritten wird. Abzüglich des Zuschusses muss die Gemeinde rund zwei Millionen Euro investieren. Das teuerste ist die Leitungstrasse, für die 2,1 Millionen Euro veranschlagt sind, gefolgt von Technik (400 000 Euro) und Gebäude der Heizzentrale (160 000 Euro).

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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