Bürstadt. Mit 74 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Veranstaltung „Volkswirtschaftlicher Ausblick der Landwirtschaft“, die in den Räumen der Raiffeisenbank Ried eG in Bürstadt stattfand, bis auf den letzten Platz ausgebucht. Nach drei Jahren pandemiebedingter Pause setzten die Wirtschaftsregion und Wirtschaftsförderung Bergstraße GmbH (WFB) sowie die Raiffeisenbank Ried eG ihre Reihe für die Landwirte fort.
Seit der vorhergehenden Veranstaltung im Jahr 2020 „ist nichts mehr so, wie es war“, sagte Claus Diehlmann, Vorstand der Raiffeisenbank Ried eG, mit Blick auf die Corona-Krise und den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die unterbrochenen Lieferketten oder der Anstieg der Verbraucherpreise waren nur einige der Eckpunkte, die er im Zusammenhang mit den Einschränkungen, unter denen die Landwirtschaft seither leidet, skizzierte.
Krisen durch Corona und Krieg
Im Zentrum der Veranstaltung stand der Vortrag von Axel Wilhelm, Referent Agribusiness der Landwirtschaftlichen Rentenbank, der Förderbank des Bundes für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum. Der Referent gab anhand von Statistiken einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und im Euro-Raum: Er veranschaulichte den starken Einbruch der Wirtschaft durch die Corona-Krise im Jahr 2020: Um rund 15 Prozent im Euro-Raum, und auch in Deutschland waren es mehr als zehn Prozent.
„Der wirtschaftliche Rückgang infolge des Ukraine-Kriegs war nicht mit der Corona-Rezession vergleichbar“, betonte er.
Laut Experten-Prognosen erwarte man in Deutschland eine durchschnittliche Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts von null Prozent. „Doch die Verbraucherpreise werden 2023 voraussichtlich um rund sechs Prozent weiter steigen. Das ist weit von den zwei Prozent entfernt, welche die Europäische Zentralbank (EZB) als Richtwert ausgegeben hat“, unterstrich Wilhelm. Die Banken müssten die gestiegenen Kosten weitergeben, das heißt: Die Zinsen werden erhöht. „Auch wir haben die Zinsen für Förderkredite anheben müssen“, so der Referent.
Am 16. März erhöht die EZB den Leitzins um weitere 0,5 Prozent. „Weitere Leitzinsänderungen sind abhängig von Inflation und konjunktureller Entwicklung und somit nicht absehbar“, sagte Wilhelm. In der Landwirtschaft seien Preise das entscheidende Thema, führte er weiter aus.
Anhand von weiteren Statistiken zeigte er den enormen Anstieg der Erzeuger- sowie Einkaufspreise in den vergangenen zwei Jahren. „Doch die Lage entspannt sich nun wieder“, so Wilhelm. Wie die Prognosen zeigen, sei die Erwartungskurve in der Landwirtschaft seit Anfang 2019 auf ein historisches Tief gesunken. Und das trotz guter Lage, wie der Konjunktur- und Investitionsbarometer Agrar zeigt.
Trotz allem gab er einen positiven Ausblick: „Die nötige Flexibilität ist vorhanden, die Landwirtschaft besitzt viel Sachverstand, hat immer neue Ideen und ist insgesamt gut aufgestellt.“ Nach dem Vortrag stand der Referent für Fragen zur Verfügung, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer rege in Anspruch nahmen.
„Die landwirtschaftlichen Betriebe sehen sich in ihrem täglichen Handeln unterschiedlichen Einflüssen gegenüber. Auch langfristige Faktoren wie der Klimawandel, Änderungen von gesetzlichen Rahmenbedingungen und mehr stellen Herausforderungen dar, die von den Betrieben bewältigt werden müssen“, fasste Dagmar Cohrs, stellvertretende Geschäftsführerin der WFB und Leiterin des WFB-Fachbereichs Kommunalbetreuung, zusammen. red