Ilvesheim. „In China sagt man: Die Modefarbe der Saison erkennt man an der Farbe der Flüsse.“ Nach dieser Aussage von Lilija Latysev herrschte betroffenes Schweigen. Die kfd (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands) Ilvesheim unter der Leitung von Anni Wawra hatte zu dem Vortrag „Fair Fashion – unsere Mode ist todschick“ ins katholische Pfarrgemeindehaus St. Peter eingeladen.
Beim Thema Mode liegt gar viel im Argen. Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Menschenrechte werden meist mehr als nur vernachlässigt. Die Delegierte des kfd-Ausschusses Hauswirtschaft und Verbraucherfragen, Lilija Latysev, nahm die Frauen mit auf einen Ausflug in die Welt des Einkaufs, machte bewusst, dass jeder Einzelne im Durchschnitt jährlich 60 neue Kleidungsstücke kauft, die wiederum durchschnittlich nur vier Mal getragen werden, bevor sie zum Altkleidercontainer gehen. Wir seien modemäßig so geprägt, dass wir ständig Neues haben möchten, so Latysev und weiter, dass „etwa 19 Prozent aller Kleidungsstücke nie getragen würden“.
Es mutete schon unheimlich an, zu hören, dass jede Jeans für ihre Fertigstellung runde 50 000 Reisekilometer vorweisen kann und zudem noch 7000 Liter Wasser verbraucht hat. Die Delegierte führte des Weiteren aus, wie sehr sowohl Mensch- als auch Tierwohl bei der Kleidungsproduktion auf der Strecke bleiben. So suchen alleine in Indien jährlich um die 20 000 Baumwollbauern aus Überschuldung den Freitod. Das Saatgut, inzwischen nur noch Gen-Saatgut, und der Dünger würde völlig überteuert verkauft, der Profit gehe nur noch an multinationale Konzerne. Die unwürdigen Arbeitsverhältnisse der Arbeiterinnen in indischen Spinnereien fasst Lilija Latysev mit nur wenigen Worten zusammen: „Die moderne Form der Sklaverei.“
Schafe werden im Akkord geschert, dabei störende Hautfalten ohne Betäubung entfernt und Wunden bleiben unversorgt. Die Teilnehmerinnen erfuhren, dass jährlich Kleidungsstücke im dreistelligen Milliardenbereich hergestellt werden, gleichzeitig quellen hier in Deutschland die Altkleidercontainer über. Traurig hier: Durch die vielen Mischgewebe können aus den Altkleidern nicht einmal mehr Putzlappen hergestellt werden, die Masse wird letztendlich einfach vernichtet.
Aber die Sprecherin wusste auch Gutes zu berichten. Nach den vermehrten Unfällen und Berichterstattungen der vergangenen Jahre haben einige Firmen ihre Haltung bei der Kleidungsherstellung geändert, diese kann man anhand von Fair- und Öko- Produktsiegeln erkennen. Latysev bat abschließend darum, sich Gedanken zu machen. „Was mache ich schon? Was kann ich tun?“ Einig waren sich alle Anwesenden um Anni Wawra und ihren Vorstandskolleginnen Sibylle Belz, Sieglinde Dreher, Doris Keller, Diethild Frank und Gertraud Dieter, das eigene Kaufverhalten bei jedem Einkauf zu überdenken, weniger auf aktuelle Mode, sondern mehr auf länger zu tragende Basics zu achten.
Eine ältere Dame, die noch die Nöte der Nachkriegszeit erlebt hatte, konnte von sich mit gutem Gewissen sagen, dass sie immer nur nach Bedarf gekauft habe und ihre Kleidungsstücke lange trage. Die Frauen machten in ihrem Austausch allerdings auch deutlich, dass sie wirklich große Änderungen nur über die Politik, die Regierungen der jeweiligen Staaten und der großen Konzerne für realistisch halten. Im Anschluss gab es noch eine kleine Bastelrunde, hier lernten die Frauen mit großem Spaß aus alten Shirts nur mit Schere und Verknoten praktische Stoffbeutel herzustellen. moko