Pandemie - Falsche Gesundheitszeugnisse auch in der Metropolregion in Umlauf / Justizministerium fordern Schließung der Strafbarkeitslücke

Warum Impfpass-Fälscher leichtes Spiel haben

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Julius Paul Prior
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Impfpässe sind laut Apothekerverband zu fälschungsunsicher. Auch die Gesetzeslage muss nachgebessert werden. © Sven Hoppe/dpa

Rhein-Neckar. Ein Impfnachweis öffnet in der vierten Welle der Pandemie viele Türen zu Veranstaltungen und Freizeiteinrichtungen. Das Problem daran: Die Impfpässe sind nicht fälschungssicher und verschaffen Ungeimpften sogar offiziell gültige digitale Impfzertifikate. Hinzu kommt auch, dass das Verwenden eines falschen Impfausweises, um in einer Apotheke an ein digitales Zertifikat zu kommen, zurzeit nicht mal strafbar ist. So auch in der Metropolregion bereits falsche Impfnachweise im Umlauf.

Eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Südhessen teilte mit, dass dem Hessischen Landeskriminalamt Fälle im Zusammenhang mit gefälschten Impfpässen im unteren dreistelligen Bereich bekannt sind. Die genauen Zahlen werden im kommenden Jahr in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) veröffentlicht. Am Mittwoch meldete die Polizei Südhessen, dass sie gegen zwei Männer aus Südhessen ermittelt, die über 300 Impfpässe gefälscht und verkauft haben sollen. Seit der erstmaligen Einführung der 3G-Regel sei dabei eine Zunahme von gefälschten Impfpässen zu erkennen.

Hubert Ströber, Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Ludwigshafen, spricht indes von einem „zweistelligen Bereich“ bei der Anzahl der Fälle, die in der Stadt am Rhein mit gefälschten Impfausweisen zu tun haben. Hier gebe es jedoch keine besondere statistische Erfassung dieser Fälle. Ein Sprecher des Polizeipräsidium Rheinpfalz erklärt weiter, dass die genaue Anzahl der Fälle auch in der PKS des Landes nicht besonders erfasst werde. Deshalb könne dieser auch nur „einige wenige Fälle“ bestätigen. Ob diese mit der Einführung der 2G-Regel in Verbindung stehen, könne dabei „weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.“

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Bernhard Zinke
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Fälscher geht systematisch vor

Nur von vereinzelten Fällen sprechen derweil Polizei und Staatsanwaltschaft Mannheim. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft berichtet von einem Fall, in dem ein Tatverdächtiger 20 Mal systematisch gefälschte Impfpässe in Apotheken vorgelegt haben soll. So wollte er an digitale Impfzertifikate gelangen, die laut der Mannheimer Polizei nicht mehr als Fälschung erkannt werden können. „Das generierte digitale Impfzertifikat ist immer ein Original“, erklärt Kriminalhauptkommissarin Claudia Strickler. Nur anhand des gelben Impfpasses könne eine Fälschung erkannt werden.

In Internetforen können diese bereits ab 50 Euro gekauft werden, berichtet eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Südhessen. Das Klientel bewege sich dabei in der Szene der Querdenker und Impfgegner. Dabei sei das Anfertigen der Fälschung nicht das Problem, sagt Kommissarin Strickler. In der Theorie könnte jede und jeder eine Fälschung anfertigen. Der Impfpass kann einfach im Internet heruntergeladen und ausgedruckt werden. Entsprechende Stempel mit beliebigem Text können einfach im Handel erworben werden. Nur die Chargen-Nummer mache den Fälschenden Schwierigkeiten. Doch auch diese stelle für die Fälschenden nicht immer ein Problem dar, weiß Frank Eickmann, Pressesprecher und stellvertretender Geschäftsführer des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg.

„Bei Beginn der Impfkampagne gab es keine Chargennummern“, erörtert Eickmann. Die Arztpraxen und Impfzentren hätten diese selbst vergeben - nicht die Hersteller, wie es sonst üblich ist. Mit der Schließung der Impfzentren ließe sich deshalb nicht immer nachverfolgen, ob eine Chargennummer tatsächlich aus dem angegebenen Impfzentrum stamme oder auch welche Stempel dieses verwendete.

Prüfkriterien nicht öffentlich

Weitere Prüfkriterien veröffentlichen weder Eickmann noch die Polizei, um es den Fälschenden nicht noch einfacher zu machen.

Um Fälschungen zu verhindern, fordert Eickmann, dass das Vorzeigen eines falschen Gesundheitszeugnisses in einer Apotheke unter Strafe gestellt wird. Die Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken widerspricht bereits einem Urteil des Osnabrücker Landgerichts, laut dem das Ausweisen mit einem gefälschten Impfpass in einer Apotheke keine Straftat sei. In Rheinland-Pfalz bestrafe man das Fälschen von Gesundheitszeugnissen und der Verwendung dieser somit mit einer Geldstrafe und bis zu fünf Jahren Haft, erklärte Generalstaatsanwalt Martin Graßhoff. Auch die Staatsanwaltschaft Darmstadt vertrete laut Oberstaatsanwalt Robert Hartmann diese Auffassung. Die Staatsanwaltschaft Mannheim warte zurzeit auf eine Klärung des Sachstands an einem der Oberlandesgerichte.

Auch die Justizministerien Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz haben eine Nachbesserung der Gesetzeslage durch den Bund gefordert. In einem Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD, Die Grünen und FDP zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist diese Korrektur und damit das Schließen der Strafbarkeitslücke geplant.

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