Speyer. Der Speyerer Dom ist das wichtigste Denkmal der Kurpfalz – weltgeschichtlich gesehen. Die Geschehnisse in ihm und um ihn herum haben seit der Grundsteinlegung im Jahr 1030 durch die Jahrhunderte aber nicht immer zur Ausbreitung des christlichen Glaubens beigetragen. Das aktuellste Beispiel sind die neuen Untersuchungen im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche.
In einem kürzlich erschienenen Führer zum Unesco-Weltkulturerbe widmet sich der Speyerer Diplom-Theologe Karl-Markus Ritter nun erstmals umfassend der Baugeschichte des Doms. Er bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Erkenntnisse der Forschung zwischen 1957 und 1972, die auf Hans Erich Kubach (Kunsthistoriker und Denkmalpfleger) und Walter Haas (Bauhistoriker und Architekt) zurückgehen. Ritter betrachtet das Bauwerk durch die Epochen – angefangen bei der Frühromanik zu Zeiten von Kaiser Konrad II. über die neuen Entwicklungen während der hochromanischen Zeit bis hin zu den Einflüssen des Spätbarock und der Neoromanik.
Noch viele Geheimnisse
„Alle Geheimnisse wird das Bauwerk wohl niemals preisgeben“, bilanziert der Autor in seinem Vorwort. Sicher kann Ritter aber sein, dass es ihm in einer verständlichen Sprache gelingt, verschiedene Aspekte, die die größte in diesem Baustil erhaltene Kirche Europas betreffen, zusammenzuführen. Zehntausende Menschen besuchen den Speyerer Dom jedes Jahr. Einer der Gründe dafür ist sicherlich, dass hier die Dynastie der salischen Kaiser ab Konrad II. ihre letzte Ruhestätte gefunden hat. Ritter ordnet hier ein, warum die Historie der Speyerer Kathedrale eng mit europäischer Geschichte verbunden ist.
Er schreibt: „Im Frühjahr 1689 brachen die Truppen Ludwigs XIV. von Frankreich mehrere Gräber auf und zerstörten die Skelette von Heinrich V., Rudolf I., Beatrix, Albrecht I, Agnes und Adolf von Naussau. Es handelte sich um eine gezielte politische Zeichensetzung, die ,bewusst auf eine Zerstörung der Speyerer Grablege als eines wichtigen Traditionskerns der deutschen Herrscher abzielte’ (Thomas Meier).“ Es sind eindrückliche Aufnahmen, die Ritter aus dem Erdreich des Königschores des Jahres 1900 im über 200 Seiten starken Band zeigt. Teilweise waren die Bilder in der großen Salier-Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz zu sehen.
Aus den Untersuchungen im Jahr 1900 heraus entschied man sich, eine begehbare Gruft zu schaffen. „Zur Geschichte der Gräber gehört auch, dass unter den Nationalsozialisten der Abriss des Domes und die Errichtung einer monumentalen Kuppel über den Kaisergräbern geplant waren. Das Projekt kam glücklicherweise nicht zustande“, so Ritter.
Die Domkapellen, der liturgische Aspekt, der Klangraum des Domes, aber auch die Portale und die kunsthistorische Bedeutung der Ausmalungen von Johann Baptist Schraudolph und Joseph Anton Schwarzmann sind Themen, die das Werk Ritters zu einem nützlichen Wissenskompendium über den Dom machen – und zu einem Zeigestock durch die Baugeschichte der Kathedrale bis heute.
Karl-Markus Ritter ist ein ausgewiesener Kenner des Bauwerks. Er war selbst über viele Jahre geschäftsführendes Vorstandsmitglied der „Europäischen Stiftung Kaiserdom zu Speyer“. Sein Buch ist bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, erschienen, hat 224 Seiten und kostet im Buchhandel 25 Euro.