Sinsheim/Speyer. Die ersten drei Monate als neuer Geschäftsführer der Technik Museen Sinsheim Speyer hat Matthias Templin sich anders vorgestellt. Wenn er aus dem Bürofenster schaut, sieht er Flugzeuge auf Stelzen und andere spektakuläre Exponate, aber keine Besucher. Die Häuser in Sinsheim und Speyer, nach eigenen Angaben die größten privaten Museen für Technik und Raumfahrt in Europa, sind wegen der Coronakrise wie viele andere Einrichtungen „dicht“ - für Sinsheim war der 17. März Templin zufolge der erste geschlossene Tag in der fast 39-jährigen Geschichte des Standorts.
„Das ist kein schönes Ereignis“, sagt der Betriebswirt, der etwa 300 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste, viele davon in „Kurzarbeit null“, und der nun die schwerste Krise in der Geschichte der Häuser zu meistern hat. So mussten viele besucherträchtige Veranstaltungen „gecancelt“ werden, etwa der Speyerer „Brazzeltag“ im Mai.
Aber der 52-Jährige neigt nicht zur Trübsal. Zwar müsse das Sinsheimer Museum laut einer Verfügung des Landes Baden-Württemberg vom März bis 15. Juni geschlossen bleiben, aber Templin hat ein früheres Datum im Blick. „Ich hoffe auf den 4. Mai“, sagt er - auch mit Blick auf den Standort Speyer im Nachbarland Rheinland-Pfalz. „Und ich sehe da auch ganz gute Chancen“, so der Geschäftsführer, der am Montag (27. April) hundert Tage im Amt ist.
Um die Museumsbesucher vor Gefahren zu schützen, wird seit etwa drei Wochen an einem neuen Führungskonzept gearbeitet. Es sieht vor, dass die Gäste nicht mehr auf beliebigen Routen durch Hallen und Gelände schlendern, sondern dass ihnen ein Rundkurs vorgegeben wird, den sie - immer mit zwei Metern Abstand zum Vordermann - abgehen, „wie ein Einbahnstraßensystem“, sagt Templin. Auch an Ruhebereiche sei gedacht. Zudem sollen sie Einwegmasken erhalten, mit denen vor allem im Inneren von Flugzeugen und Schiffen eine mögliche Ansteckung von Mitbesuchern verhindert werden soll.
Neue Route durch Ausstellung
Die Museumsmacher überlegen außerdem, wie sie es einrichten, dass keine Menschenmassen kommen, sondern nur eine bestimmte Anzahl vom Parkplatz auf das Gelände gelassen wird, „um sicherzustellen, dass alle gesund bleiben“, so Templin. Maximal eintausend Menschen, so die bisherige Schätzung, könnten so pro Tag je ein Museum besichtigen. Wenn an eine Lockerung der Vorgaben zu denken sei, könne die Zahl steigen. „Aber das bleibt abzuwarten.“ Auf eine Verköstigung, die sonst angeboten wird, muss man in Speyer vorerst verzichten, dort ist die Gastronomie zu. In Sinsheim ist sie außerhalb des Geländes und bietet derzeit einen Mitnahme-Service an. Um die Museen für die Wiedereröffnung „hübsch“ zu machen, wurden dort und in Speyer turnusgemäß die Flugzeuge gereinigt.
Bei aller Krise sehe er „eine riesengroße Chance“ für die Museen, so Templin. Viele verreisten 2020 wohl nicht. „Die meisten werden zu Hause bleiben, denke ich - aus Angst, aus monetären Gründen, oder auch weil sie teilweise schon ihren Urlaub nehmen mussten, um diese Corona-Zeit zu überbrücken.“ Die Technik Museen seien in puncto Hygiene und Unterhaltung gut aufgestellt und böten sich für einen Tagesausflug an. Das biete eine gute Chance für „entsprechende Besucherzahlen“. Derzeit kommen beide Häuser im Jahr zusammen auf knapp eine Million Gäste.
Zunächst kein grünes Licht für Autokino
Die Gefahr von Entlassungen bestehe derzeit nicht., „so lange uns das Instrument Kurzarbeitergeld dementsprechend hilft“, so Templin. Zudem sucht man Geldquellen. So können sich Arbeitnehmer, die nicht mehr von zuhause aus arbeiten können oder wollen, im Hotel in Sinsheim für 50 Euro pro Tag einmieten - mit WLAN. Zunächst kein grünes Licht gab es dagegen für ein Autokino in Speyer.
[Update: Autokino am Speyerer Technikmuseum konkret geplant vom 22.4.20]
Ist der 4. Mai als Öffnungsdatum realistisch? Im Ministerium für Soziales in Stuttgart weist man darauf hin, dass laut Corona-Verordnung des Landes Kultureinrichtungen, „insbesondere Museen“, bis 3. Mai geschlossen sind. Aber: „Man muss so ein bisschen weggehen von den Daten“, sagt der stellvertretende Pressesprecher Pascal Murmann. Die Regierungschefs der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hätten vereinbart, alle zwei Wochen über das weitere Vorgehen zu sprechen.