Technik - Rheinland-pfälzische Experten haben gemeinsam mit der BASF ein System entwickelt, das den Radius für Evakuierungen minimiert

Ramses-Pyramide bietet den besten Schutz

Von 
Bernhard Zinke
Lesedauer: 
Horst Lenz (l.) und Bernd Heuer vor einer Ramses-Pyramide. © BASF

Ludwigshafen. Drei Bomben-Funde binnen zwei Monaten alleine im Stadtgebiet von Ludwigshafen – die explosiven Altlasten des Zweiten Weltkriegs halten die Menschen bis heute in Atem. Und das wird wohl noch eine Weile so bleiben. „Anfang der 50er Jahre hieß es: ,In fünf Jahren ist alles weg!’ So viel zum Thema Prognosen“, winkt Horst Lenz, Chef des Kampfmittelräumdienstes in Rheinland-Pfalz, ab.

Dass er einen brandgefährlichen Job hat, weiß der Experte. Schließlich sind seit der Jahrtausendwende elf Sprengmeister in Deutschland bei der Arbeit ums Leben gekommen. „Ohne Risiko geht es nicht“, weiß Lenz, „aber man kann das Risiko minimieren.“ Beispielsweise durch gute Vorbereitung und hervorragende Ausbildung. Und Gefahren gebe es schließlich in fast allen handwerklichen Berufen, sei es beim Lkw-Fahrer oder als Dachdecker. „Wenn der Elektriker ans falsche Kabel fasst, kann das für ihn auch das Finale sein“, sagt Lenz. Letztlich gehe es darum, das Leben der Menschen zu schützen.

Arbeitsplatz der Experten

Dafür haben gerade die rheinland-pfälzischen Experten eine eigene Technik entwickelt. „Ramses“ nennt sich die Pyramide aus Hunderten Tonnen von Sand. Die Bombe liegt darunter in einem Raum mit speziellen Kunststoffwänden – das ist der Arbeitsplatz der Entschärfer.

„Die Konstruktion basiert auf unserer Erfahrung von Sprengungen“, berichtet Lenz. Die ersten Versionen der Ramses-Pyramide bestand aus Brunnenringen mit einem waagrechten Zugangsrohr. Das habe man schließlich verfeinert und benutze heute für die Wände der Kammer einen Kunststoff, der im Fall des Falles die Kräfte einer Detonation zum Teil absorbieren könnte. Denn schließlich geht bei Ramses darum, die Gefahr für die Umgebung zu minimieren und den Radius für eine Evakuierung zu reduzieren.

Drei bis vier Meter Platz bietet eine solche Kammer rund um die Bombe. Darin finden zwei bis drei Experten des Räumdienstes Platz. „Es ist aber nicht angenehm, sich darin aufzuhalten“, sagt Lenz.

Wo keine Entschärfung möglich ist, sparen sich die Kampfmittelräumer die Kammer und häufen einfach bis zu 400 Tonnen feinkörnigen Sand auf die Bombe. Somit stellen sie sicher, dass bei einer kontrollierten Sprengung der Druck im Sandberg abgefangen wird. Angewandt haben die Experten diese Technik zuletzt bei der Bombe in der Ludwigshafener Ernst-Boehe-Straße. Vom Sandhügel blieb zwar nicht mehr viel übrig, aber kein Bombensplitter habe die Pyramide verlassen. Auch vor vier Jahren hatte der Räumdienst eine Bombe, die vor der BASF auf dem Grund des Rheins gefunden worden war, auf einem Acker bei Lampertheim kontrolliert gezündet.

Letztendlich sei es die technische Herausforderung, die ihn an dem Beruf reize, sagt Horst Lenz. „Es ein bisschen wie Archäologie. Nur der zeitliche Abstand zu den historischen Ereignissen ist geringer als in der klassischen Archäologie“, so der Experte. Weil er sich der Gefahr aber durchaus bewusst ist, gilt der erste Anruf nach jeder anspruchsvollen Entschärfung immer der Familie. „Dann gibt’s das Signal: Alles in Ordnung!“

Autor Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Mehr zum Thema

Bombennacht 1943 - Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg beseitigt Blindgänger Entschärfung: „Wer Angst hat, ist falsch hier“

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Kriegsfolgen Die Bomben der Alliierten

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Blaulicht Schiffsunfall bei Germersheim - Fahrwassertonne mitgeschleift

Veröffentlicht
Mehr erfahren