Rhein-Neckar. Piepsende Schiebetüren, auf der Gepäckablage kratzende Koffer, scheppernde Mülleimerdeckel: Für die meisten Menschen sind dies wohl eher Alltagsgeräusche, manche würden sie sogar als Lärm bezeichnen. Doch für Daniel Gurskiy ist das Musik. Oder besser: Er macht daraus Musik.
Der 28-jährige Kölner nennt sich „Soundhunter“, also Klangjäger. Für die Marketingkampagne von DB Regio Mitte und den Aufgabenträgern der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen hat er ein besonderes Musikvideo erstellt. Anlass ist die Inbetriebnahme der weißen Mireo-Züge für die S-Bahn Rhein-Neckar. Die Sounds stammen aus den neuen und den alten S-Bahn-Zügen, die am Sonntag, 13. Dezember, offiziell beide auf den Schienen der S-Bahn Rhein-Neckar unterwegs sind: die Mireo-Züge im neuen Design auf den Linien S5/S51,Teilabschnitten der S6 und der neuen S9, die Züge im bekannten DB-Rot auf den Linien S1 bis S4.
Spezialisiert auf Sounddesign
Für Gourski, so sein Künstlername, ist das nicht das erste Musikprojekt seiner Art. Sampling heißt die Technik, die er verwendet, von englisch „sample“ für Muster, Beispiel. Neu ist das nicht, Sampling gibt es seit Ende der 1970er-Jahre und es hat mit den Keyboards Einzug in die Popmusik gehalten. Seitdem haben sich die Möglichkeiten der digitalen Tonaufzeichnung und -verwertung enorm verbessert. „Ich erstelle mir Sample Packs [Geräuschsammlungen, Anm. d. Red.] zu den einzelnen Projekten, die ich dann bei Bedarf wiederverwenden kann“, erklärt Gourski.
Der 28-Jährige ist spezialisiert auf Sounddesign. Seit sieben Jahren arbeitet er als DJ und Musikproduzent, daneben veröffentlicht er auch Videos auf den Plattformen Youtube und Instagram, in denen er Alltagsgeräusche zu Musik verarbeitet. Er nimmt kurze Klangeinheiten mit einem Mikrofon auf, speichert sie digital und fügt sie zu etwas Neuem zusammen. So kann man ihm beispielsweise dabei zuschauen, wie er Tonaufnahmen aus der Stadt, gepaart mit einem visuellen Eindruck, musikalisch verarbeitet und ein multimediales Stück erzeugt.
Inzwischen erstellt Gourski auch Auftragsarbeiten. „Ich finde es spannend, wenn meine Kunst auch in Werbeprojekte eingebunden werden kann“, sagt er. So hat er etwa Soundprojekte für Bitburger oder den Hersteller von Tonaufnahmegeräten Zoom erstellt. Oder eben das Video für die S-Bahn Rhein-Neckar.
Die Idee dazu hatte Lars Pinnecker, Referent Marketing und Vertrieb bei DB Regio Mitte. „Ich kannte Gourski schon vorher und finde seine Arbeit faszinierend“, berichtet er. „Die Zusammenarbeit hat wirklich Spaß gemacht.“ Den ursprünglichen Plan, die Anfahrts-Sounds des bisherigen ET 425 und des neuen Mireo-Modells zusammenzulegen, habe man allerdings aufgeben müssen: „Der Mireo ist einfach zu leise.“
Um das Kampagnen-Motto „Die S-Bahn wächst zusammen“ musikalisch umzusetzen, hat Gourski im September zwei Tage lang Sounds, Klänge, aufgezeichnet: in Zügen, am Bahnhof in Mannheim, im S-Bahn Werk Ludwigshafen. Dabei herausgekommen ist ein etwa eineinhalb Minuten langes Musikvideo, das auch zeigt, woher die Geräusche stammen: heruntergeklappte Armlehnen, Jackenhaken, die verschoben werden, eine Münze, die in den Ticketautomaten am Bahnhof fällt, eine Lautsprecherdurchsage, ein anfahrender Zug. „So gezielt bin ich schon lang nicht mehr unterwegs gewesen“, sagt der Künstler, der hohe qualitative Ansprüche an seine Projekte hat.
„Vermisse die Clubs und Festivals“
Wie lang er für ein Projekt braucht, ist unterschiedlich. An der Arbeit für das S-Bahn-Video hat er etwa einen Monat gesessen. Während des Prozesses entstünden auch immer neue Ideen. „Ich war zum Beispiel noch nie in einem Werk der Bahn“, erzählt er, „man stellt sich das schon grob vor, aber es gab viel für mich zu entdecken.“
Weil wegen der Coronavirus-Pandemie die Musikclubs geschlossen haben, machen die Sounddesign-Projekte inzwischen einen großen Teil seiner Arbeit aus. „Aber ich vermisse auch die Clubs und Festivals.“ Um auf die Situation der Clubbetreiber aufmerksam zu machen, arbeitet er derzeit an einem besonderen Soundprojekt: „Ich vertone einen leerstehenden Club.“ Mehr verrät er noch nicht. Aber allzu lange dürfte es nicht mehr dauern, bis das Video erscheint.
Den Youtube-Kanal von Gourski gibt's hier.