Pro und Kontra zur Impfpflicht

Von 
Stefanie Ball und Stephan Alfter
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Symbolbild. © Ralf Hirschberger / dpa

Mannheim. Die einen finden, dass nachweislich gegen Covid-19 geimpfte Menschen ihre wegen der Pandemie eingebüßten Freiheiten wieder ausüben dürfen sollten. Die anderen sehen dadurch aber den Zusammenhalt im Kampf gegen das Coronavirus gefährdet. Sind Impf-Privilegien richtig?

Pro von Stephan Alfter

Erinnern wir uns zurück an den Beginn der Corona-Pandemie: Um dem Virus die Stirn zu bieten, reagierte die Politik mit krassen Einschränkungen von Freiheitsrechten jeglicher Art. Das Argument damals: Hospitäler müssen frühzeitig entlastet und Risikogruppen geschützt werden. Sehr einleuchtend. Gehen wir nun davon aus, dass die Impfung gegen SarsCov2 den schnellsten Weg zurück in eine Post-Corona-Normalität beschreibt, dann ist es um Himmels willen doch nur konsequent, jenen Menschen ein Stück ihrer Freiheit zurückzugeben, die Krankenhäuser nicht mehr in die Bredouille bringen können und Risikogruppen nicht mehr anstecken. Immer vorausgesetzt sei hier, dass die Impfung auch sicherstellt, dass das Virus nicht mehr weitergegeben wird – was wissenschaftlich noch besser untermauert sein muss.
Geimpfte Personen sollten sich insofern wieder überall frei bewegen können. Jeder, der das Argument ins Feld führt, dass Geimpfte solidarisch mit den noch nicht mit einem Impfstoff versorgten Gruppen sein sollten, übersieht, dass der überwiegende Teil der Deutschen nun schon sehr lange sehr solidarisch lebt und die Sehnsucht nach Entspannung gerade ins Unendliche wächst. Ich persönlich freue mich für jeden Geimpften, der diesen mentalen Corona-Panzer endlich ablegen darf. Nicht zuletzt, um mal wieder ganz tief Luft zu holen. Neid? Keine Spur!
Übrigens ist es nicht neu, dass Geimpfte Privilegien gegenüber nicht geimpften Menschen eingeräumt werden. So steht der Weg in die Kita seit 1. März 2020 nur gegen Masern geimpften Kindern offen. Zudem: Jeder hat die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, und die damit einhergehenden Privilegien sind ein Anreiz, sich der Mehrheit anzuschließen. Es wäre jedenfalls diskriminierend den Geimpften gegenüber, sie wie Ungeimpfte zu behandeln. Das Ziel muss die schnelle Rückkehr zu den Grundrechten jedes Einzelnen sein.

Kontra von Stefanie Ball

Die Debatte über Privilegien für Geimpfte kommt zur Unzeit. Der Autor und Moderator Micky Beisenherz bringt es mit dem ironischen Einwurf auf den Punkt: „Jetzt müssen die Alten mal was für uns tun: Rentner ins Berghain! Rettet die Clubs!“ Es ist völlig unsinnig, zum jetzigen Zeitpunkt darüber zu diskutieren, ob Geimpfte wieder in die Normalität zurückkehren können. Denn diese Normalität spielt sich für viele, die gerade prioritär geimpft werden, in Altenheimen oder den eigenen vier Wänden ab. Da geht niemand mehr ins Kino, Restaurant oder fährt Ski auf dem Feldberg. Die Debatte ist aber nicht nur unsinnig, sie ist auch gefährlich. So untergräbt sie den nach wie vor wichtigen Zusammenhalt der Gesellschaft und schürt den Neid auf diejenigen, die schon an der Reihe waren.
Auch sämtliche Eindämmungsbemühungen würden konterkariert, wenn jeder Geimpfte ab sofort die Maske an den Haken hängt. Denn noch ist nicht abschließend geklärt, ob die Impfung auch vor einer Weitergabe des Virus schützt. Wer geimpft ist, erkrankt selbst zwar nicht, könnte einen gesunden Nicht-Geimpften aber anstecken. Schon aus epidemiologischen Gründen verbieten sich deshalb jegliche Sonderrechte.
Also – Thema beenden und auf Wiedervorlage legen. Wenn Geimpfte nicht mehr ansteckend sind, könnte sie der Staat kaum im 15-Kilometer-Radius um ihren Wohnort einsperren. Das ist klar, aber so weit sind wir noch nicht. Eine Debatte, die wir aber führen müssen, ist, ob Restaurants, Fluggesellschaften und Fitnessstudios künftig die Vorlage eines Impfpasses verlangen können. Rein rechtlich wären solche Ausschlusskriterien im privaten Bereich möglich. Möglich wäre aber auch, dies gesetzlich zu verbieten. So darf nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz niemand aus Gründen seines Alters, Geschlechts oder etwa seiner Herkunft benachteiligt werden. Der Impfstatus könnte ein weiterer Grund werden.

Freie Autorin

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar