Rhein-Neckar. An vielen Haltestellen zeigen Anzeigen genau, in wie vielen Minuten der nächste Bus wohin fährt. Die S-Bahnen zwischen Heidelberg und Karlsruhe haben ihre Kapazitäten ausgebaut und zusätzliche Wagen bekommen, der Radschnellweg von Mannheim nach Walldorf und Wiesloch über Schwetzingen wird gerade konzipiert. Viele einzelne Maßnahmen sind schon jetzt im Werden, der Mobilitätspakt für Walldorf-Wiesloch auf einem guten Weg. Nach der vierten Sitzung hat der Lenkungskreis, der sich seit 2018 zweimal im Jahr trifft, nun hochzufrieden Halbzeitbilanz gezogen.
Mobilitätspakt Rhein-Neckar
Der Mobilitätspakt Walldorf/Wiesloch ist der zweite Pakt in Baden-Württemberg nach dem Mobilitätspakt für Heilbronn und Neckarsulm.
Er gilt als Blaupause für einen weiteren Mobilitätspakt, der aktuell für die Metropolregion Rhein-Neckar geschnürt wird.
Dieser sollte bereits im Frühjahr vergangenen Jahres in Ludwigshafen unterzeichnet und auf den Weg gebracht werden. Die Corona-Pandemie verhinderte jedoch einen Präsenztermin.
Deshalb wird der Vertrag nun im Laufe der kommenden Wochen im Umlaufverfahren unterzeichnet: Jeder Vertragspartner unterzeichnet den Pakt für sich. Danach wird das Maßnahmenpaket der Öffentlichkeit vorgestellt. bjz
„Dieser Mobilitätspakt ist richtig gut gelungen“, freute sich nicht nur Christiane Staab (CDU), Bürgermeisterin von Walldorf, während der virtuellen Pressekonferenz am Mittwoch. Das Ziel: nachhaltige Mobilität fördern, die Bürger weg vom Auto hin zu öffentlichem Verkehr oder Rad bewegen und dabei zugleich den Wirtschaftsraum stärken.
Rund 100 einzelne Maßnahmen haben die Projektpartner vor zwei Jahren definiert, 27 Prozent davon seien schon umgesetzt, 58 Prozent aktuell in Arbeit, erläuterte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Entscheidend für das Gelingen eines solchen Mobilitätspaktes sei, dass die Verkehrsprobleme vor Ort ganzheitlich gedacht werden und sich nicht darin erschöpften, nur mehr Züge oder mehr Straßen zu fordern. Dieser Pakt sei „wesentlich mehr als nur schönes Geschwätz“, sagte der Minister.
Rund 1700 Hinweise der Bürger
Entscheidend für den Erfolg sei auch eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung gewesen. So hatten Bürger im Sommer 2019 rund 1700 Hinweise zur Verkehrssituation im Wirtschaftsraum Walldorf/Wiesloch gegeben. Ihre Anregungen deckten sich teilweise mit den Beobachtungen der verschiedenen Arbeitsgruppen: etwa dass es zu wenige attraktive Angebote bei Bussen und Bahnen gebe, Verbesserungen im betrieblichen Mobilitätsmanagement nötig seien und die Verbindungen besonders zur SAP und der Monsterknoten komplett überlastet seien. Dabei zeigten sich fast drei Viertel der rund 1000 Teilnehmer an der Umfrage dazu bereit, auf den ÖPNV oder aufs Fahrrad umzusteigen – wenn sich die Bedingungen verbessern.
Die Maßnahmen zur Optimierung der Verkehrssituation rund um die Kommunen und die großen Unternehmen wie SAP, MLP und Heidelberger Druckmaschinen greifen denn auch an vielen Stellen an, wie Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder erläuterte. Echtzeitanzeigen an Bushaltestellen, mehr S-Bahn-Wagen auf den Linien S 1 bis S 4, Dreifachtraktionen zu den Hauptverkehrszeiten seit Anfang vergangenen Jahres, der Ausbau des Radwegenetzes mit innerörtlichen, sicheren Abstellplätzen und die Ortsumgehung von Altwiesloch, deren Planung bis 2025 stehen soll. Dieses Projekt war lange und kontrovers diskutiert worden. Man greife ein altes Problem mit umweltfreundlichen und flächensparenden neuen Lösungen wieder auf, betonte Umweltminister Hermann. Ins betriebliche Mobilitätsmanagement kommt Bewegung, indem die Unternehmen Duschen, Schließfächer für Radler und Lademöglichkeiten für E-Autos und Fahrräder schaffen. Möglich gemacht hat der Pakt auch eine neue Regiobuslinie von Walldorf/Wiesloch nach Sinsheim. Geplant ist außerdem eine weitere neue Buslinie nach Schwetzingen und Speyer.
Die Unternehmen stehen zu ihrer Verantwortung in dem Pakt, wie Matthias Grimm, Chef der Liegenschaftsverwaltung bei SAP, betonte. Jobticket, Jobfahrrad und E-Mobilität sind unter anderem Angebote der beteiligten Firmen an ihre Mitarbeiter. Auch die Arbeit im Homeoffice verhindere Individualverkehr, so Grimm.
Hat aber Corona mit dem Ausbau ebendieser Homeoffice-Praxis nicht die Verkehrsplanung des Mobilitätspaktes zumindest teilweise überholt? Es sei zu kurz gedacht, dass wegen des Ausbaus von Homeoffice-Möglichkeiten nun alles auf einem guten Weg sei, warnt der Verkehrsminister. Die Datensammlung über das Mobilitätsverhalten der Menschen während der Pandemie laufe, Aussagen dazu seien erst in einem halben Jahr möglich. Auch wenn Homeoffice wohl auch nach der Corona-Krise eine größere Rolle spiele, betonte MLP-Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg, dass Menschen zusammenkommen müssten, um kreativ sein zu können.
Info: Infos zum Mobilitätspaktes unter www.mobipakt-wa-wi.de