Rhein-Neckar. Es hat keinen Monat gedauert, da ist die erste Südafrika-Mutante des Coronavirus in der Metropolregion nachweislich angekommen. Am Freitag meldete der Rhein-Neckar-Kreis den ersten Nachweis der Virus-Variante B.1.351. Dieser Typ ist die Mutation des bekannten Virus, die aus Südafrika kommen soll und als erheblich ansteckender gilt. Entdeckt wurde die Mutante nach Angaben des Kreisgesundheitsamtes durch das Labor des Universitätsklinikums Heidelberg bei der Sequenzierung von 200 positiven PCR-Tests.
RNA-Sequenzierung
Als RNA-Sequenzierung wird die Bestimmung der Nukleotid-Abfolge der RNA (Ribonukleinsäure), also des Virus-Erbguts, bezeichnet.
Nukleotide sind die Bausteine der RNA. Deren Reihenfolge gibt Aufschluss darüber, ob und wie ein Virus mutiert ist.
Die Sequenzierung ist aufwändig und sehr teuer. Nur wenige Labore bundesweit können sie durchführen, man braucht dafür bestimmte Geräte und Spezialisten für die Auswertung.
Um die Mutanten aufzuspüren, soll nun jedes Regionallabor fünf bis zehn Prozent der positiven Proben an diese Speziallabore schicken. kako
In vier Fällen sei eine Virus-Variante entdeckt worden, die stark dem Typ B.1.351 ähnele. Nach Auskunft des Gesundheitsamtes stehen die vier betroffenen Personen in einem Zusammenhang.
Insgesamt haben die Sequenzierungen allerdings zwölf verschiedene Virus-Varianten im Rhein-Neckar-Kreis nachgewiesen, wie ein Sprecher des Kreises auf Nachfrage erläuterte. Allerdings sei bei den anderen acht Tests noch nicht genau klar, um welche Varianten es sich handelt. Dieser Nachweis stehe noch aus. Die Fälle verteilten sich auf verschiedene Kommunen im Kreisgebiet und auf die Stadt Heidelberg. Für Menschen, die mit einer Virus-Variante infiziert sind, hat das Gesundheitsamt strengere Regeln ausgegeben. Sie müssen sich 14 statt zehn Tage in die Selbstisolation begeben. Für Kontaktpersonen der Kategorie 1 gilt die gleiche Quarantäne-Zeit. Diese sind zudem dazu verpflichtet, sich am siebten Tag mit einem PCR-Test auf das Coronavirus testen zu lassen.
115 Fälle in 25 Landkreisen
Auch der Kreis Bergstraße meldet eine Mutante des Coronavirus. Diese sei nachgewiesen worden im Zusammenhang mit einem Infektionsgeschehen in einem Kindergarten in Gorxheimertal. Um welche Variante es sich handle, werde derzeit labortechnisch geprüft. Das Gesundheitsamt ordnete die Schließung des kompletten Kindergartens an, schickte die Kontaktpersonen in Quarantäne und bereitet nun eine Reihentestung vor.
Und das Land Rheinland-Pfalz meldete acht Infektionen mit der Mutante aus Großbritannien. Über die Wohnorte der Betroffenen wollte das Gesundheitsministerium noch nichts sagen. Die acht Infektionen stünden in keinem Zusammenhang.
Offenkundig hat die großflächige Verbreitung der Mutanten längst begonnen. Das baden-württembergische Landesgesundheitsamt meldete 115 Fälle in 25 Stadt- und Landkreisen (Stand 28. Januar). 38 Fälle stehen im Zusammenhang mit einer Reise, die anderen seien bei Stichproben-Untersuchungen aufgetaucht. 52 Proben konnten der Virus-Variante aus Großbritannien (B.1.1.7)zugeordnet werden, 19 der südafrikanischen Mutante. Die übrigen Proben sind noch nicht typisiert.
Für die Region kommt demnach – wie für die ganze Republik – eine neue gewaltige Herausforderung zu. Denn die Untersuchung auf die speziellen Coronavirus-Mutationen, die Sequenzierung, gehört nämlich keineswegs zum Standard-Repertoire der Fachlabore für PCR-Tests. Sequenzierungen sind jedoch unbedingt nötig, wenn der Ausbruch der mutmaßlich sehr viel infektiöseren Varianten entdeckt werden soll.
Die Praxis ist davon allerdings noch weit entfernt. Der Kreis Bergstraße beispielsweise sendet Proben von Verdachtsfällen nach Dillenburg an das Landesprüfungs- und Untersuchungsamt als zentrale Stelle für Hessen. Eingesandt würden positive Proben nur anlassbezogen, wenn also beispielsweise eine Zweit-infektion oder auffällige Clusterbildungen vorlägen.
Das baden-württembergische Gesundheitsministerium will die Sequenzierung dagegen zum Standard-Programm erheben. Übernehmen sollen das laut einem Sprecher die Unikliniken. Bisher seien nur Proben im Zusammenhang mit Reiserückkehrern eingesandt worden. Das soll sich nun aber ändern. Demnach sollen die Unikliniken des Landes bei sämtlichen positiven Proben, die auch aus den nicht-universitären Fachlaboren kommen, eine Genomsequenzierung vornehmen. Das Gesundheitsministerium rechnet mit bis zu 10 000 positiven Proben pro Woche, die es zu untersuchen gelte.