Erklärung - Landrat und Politiker des Rhein-Neckar-Kreises zeichnen möglichen Weg aus der Pandemie auf

Landrat und Politiker des Rhein-Neckar-Kreises zeichnen Weg aus der Pandemie auf

Von 
Bernhard Zinke
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In Weinheim erklärten sich zahlreiche Menschen zuletzt solidarisch mit der Corona-Politik und formierten sich zur Menschenkette. © Philipp Reimer

Rhein-Neckar. Die Liste der Unterzeichnenden ist fast genauso lang wie der Text selbst und liest sich wie ein „Who is Who“ der politischen Akteure im Rhein-Neckar-Kreis. Es sind alle Fraktionen des Kreistages vertreten, dazu die Bundestags- und Landtagsabgeordneten von SPD, CDU, Grünen und FDP. Nur die AfD fehlt. Deren Kreistagsfraktion habe nicht nur nicht reagiert, sondern ausdrücklich betont, dass sie sich der gemeinsamen Initiative nicht anschließe, sagt Landrat Stefan Dallinger im Gespräch mit dieser Redaktion.

Mit ihrer Initiative appellieren die Unterzeichnenden an Gemeinsinn und Solidarität der Gesellschaft. Es geht in der Botschaft um den Weg, wie wir aus der Pandemie herauskommen. Der Text richtet sich zunächst natürlich an alle Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem an diejenigen Menschen, die der Corona-Politik kritisch gegenüberstehen und im Zweifel auch montags an den zahlreichen nicht angemeldeten, als „Spaziergänge“ verklausulierten Demonstrationen teilnehmen.

Recht und Gesetz als Basis

Kritik an Entscheidungen des freiheitlich-demokratischen Staates, so schreiben die Verfasser, müsse sich „innerhalb des freiheitlich demokratischen Denkens bewegen“. An Recht und Gesetz dürfe sozusagen nicht vorbeispaziert werden. „Die politische Freiheit des Einzelnen ist nicht absolut und kann sich nur in einem Gemeinwesen entfalten, das auf Recht und Gesetz basiert“, heißt es in der Erklärung.

„Es stellt unserer Ansicht nach keinen Verlust an politischer Freiheit dar, wenn das eigene Handeln solidarisch an dem Ziel, das uns alle eint, ausgerichtet wird: Nämlich die Covid-19-Pandemie zu beenden“, so die Erklärung. Dies sei nach wissenschaftlicher Erkenntnis verlässlich eben nur mit einer sehr hohen Impfquote erreichbar.

Unterzeichner der Erklärung

  • Landrat Stefan Dallinger
  • Für die Kreistagsfraktionen: Frank Werner (CDU), Ralf Frühwirt (Bündnis 90/Grüne), Hans Zellner (Freie Wähler) Ralf Göck (SPD) , Claudia Felden (FDP), Edgar Wunder (Linke).
  • Bundestagsabgeordnete: Jens Brandenburg (FDP), Franziska Brandtner (Bündnis 90/Grüne), Lars Castellucci (SPD), Olav Gutting, Moritz Oppelt (beide CDU).
  • Landtagsabgeordnete: Andre Baumann (Bündnis 90/Grüne), Daniel Born, Sebastian Cuny (beide SPD), Hermann Katzenstein, Norbert Knopf (beide Bündnis 90/Grüne),Jan-Peter Röderer (SPD), Albrecht Schütte, Christiane Staab und Andreas Sturm (alle CDU). 

Die Impfung mit wissenschaftlich-medizinisch sicheren und hochwirksamen Impfstoffen sei ein Akt der Solidarität – gegenüber allen Mitbürgern, die wegen ihrer gesundheitlichen Disposition ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf durch Covid-19 haben, deren Arbeitsbelastung durch die Pandemie weit über das vertretbare Maß hinausgeht, gegenüber Kindern und Jugendlichen, die nicht uneingeschränkt Schulen und Kindertagesstätten besuchen können, und schließlich gegenüber Bürgerinnen und Bürgern, die wegen der Pandemie um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen.

Eine individuelle Entscheidung gegen eine Impfung werde man respektieren, formuliert der Appell. Allerdings bedeute eine Impfung gegen Covid-19 eine deutliche Senkung des Risikos, schwer zu erkranken. „Wir setzen zudem großes Vertrauen in Ihre Fähigkeit, bei der Entscheidung zu berücksichtigen, dass Ihre Impfung auch ein Akt des Gemeinsinns und der Solidarität darstellt“, heißt es am Ende der gemeinsamen Erklärung.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Initiiert hat den Appell Ralf Göck, Bürgermeister von Brühl und Rohrhof sowie Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Die Kreisverwaltung habe diese Initiative sehr gerne aufgenommen und einen eigenen Text für den Rhein-Neckar-Kreis formuliert, sagt Dallinger. Geändert worden seien am Ende nur redaktionelle Kleinigkeiten. Vom ersten Impuls bis zur Zustimmung der letzten Unterzeichner habe es gerade einmal zehn Tage gedauert, berichtet der Chef der Kreisverwaltung.

Aufmerksamkeit erhofft

Der Landrat erhofft sich von dieser Erklärung große Aufmerksamkeit und vielleicht einen Denkanstoß für den einen oder anderen Bürger, sich erstens vielleicht doch impfen zu lassen und zumindest zweitens sich nicht in die unangemeldeten Montagsdemonstrationen einzureihen. Diese würden nämlich zunehmend von rechtsextremen Kräften vereinnahmt, weiß Dallinger. Er selbst habe sich einen solchen „Spaziergang“ gerade erst in Schwetzingen angeschaut und festgestellt: Da ist eine ganze breite Melange an Meinungen unterwegs. Und ja, man könne und dürfe Kritik üben, die ja in Teilen auch sicher berechtigt sei. Dass deshalb viele Bürgerinnen und Bürger frustriert seien, kann der Landrat verstehen. Aber je mehr sich rechtsextreme Kräfte diese Demonstrationen zu eigen machen, desto weniger werde der eigentliche Zweck des Protests, die sachliche Kritik an den Maßnahmen, erfüllt.

Info: Den Wortlaut der Erklärung gibt es hier. 

Autor Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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