Veranstaltungen

Hohe Gema-Kosten: "Der Todesstoß" für Veranstaltungen wie den Wurstmarkt

Über 55.000 Euro muss Bad Dürkheim für den Wurstmarkt an die Gema zahlen. Auch andere Städte bekommen deutlich höhere Rechnungen als in vergangenen Jahren. Sie befürchten das Aus von Musik-Veranstaltungen

Von 
Kai Plösser
Lesedauer: 
Hier spielt die Musik: Oder eben doch nicht. Denn auch auf die Stadt Bad Dürkheim kommen hohe Gema-Kosten nach dem Wurstmarkt zusammen. © Uwe Anspach/dpa

Metropolregion. Zwar haben die Veranstalter des Bad Dürkheimer Wurstmarkts in diesem Jahr eine positive Bilanz gezogen, Abstriche musste Marktmeister Marcus Brill mit seinem Team aber trotzdem machen. So mussten die mehr als 600 000 Besucherinnen und Besucher auf Teile des musikalischen Programms verzichten. Grund dafür seien „unverhältnismäßig“ gestiegene Kosten der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema), wie Brill im Gespräch mit dieser Redaktion sagt.

Bad Dürkheim zahlt für den Wurstmarkt hohe Gema-Rechnung

Eine Rechnung von etwa 55 000 Euro sei von der Gema im vergangenen Jahr bei der Stadt Bad Dürkheim für das Weinfest eingetroffen, so Brill. „Das ist eine Summe, jenseits von dem, was das Budget hergibt“, betont der Fachbereichsleiter für Kultur und Tourismus. In den Jahren davor hätte die Gema lediglich 5000 bis 7000 Euro berechnet.

Wegen der deutlich höheren Rechnung fiel nun beim gerade beendeten Wurstmarkt das Musikfeuerwerk aus. Auch der traditionelle Auftritt der „Mackenbacher“ wurde abgesagt. Denn gerade die Blasmusiker hätten die von der Gema veranschlagten Kosten für 2022 in die Höhe getrieben, erklärt Brill.

Tarif für Stadtfeste

  • Die Gema orientiert sich bei der Berechnung der Gebühren an dem Tarif für Stadtfeste (U-ST). Darunter fällt die Musiknutzung im Freien etwa auf Weihnachtsmärkten, Straßen- und Dorffesten.
  • Als Berechnungsgrundlage dient die Größe des gesamten Festgeländes und nicht nur der beschallte Bereich.
  • Der Tarif wurde 2018 zuletzt zwischen Gema und der Bundesvereinigung der Musikveranstalter verhandelt und stützt sich auf ein BGH-Urteil von 2011.
  • Gema-Sprecherin Nadine Remus erklärt: „Aufgrund der behördlichen Schließungen im Zuge der Corona-Pandemie konnte der Tarif aber erst im Jahr 2022 umfassend eingeführt werden.“ kpl

Normalerweise ziehen die Mackenbacher zwischen den Schubkarchständen umher und geben traditionelle pfälzische Lieder zum Besten. Eine beschallte Fläche von 4000 Quadratmetern hatte die Stadt 2022 laut Brill dafür beantragt. Zu wenig in den Augen der Gema, die basierend auf ihrer rechtlich geltenden Tarifstruktur für Stadtfeste seit Ende der Corona-Pandemie nicht mehr nur die beschallte Fläche, sondern die volle Veranstaltungsfläche als Berechnungsgrundlage heranzieht. Beim Wurstmarkt also 40 000 Quadratmeter. Brill aber argumentiert, dass die Mackenbacher nicht den ganzen Festplatz beschallen könnten.

Gema spricht von „Einzelfall“

Zudem verweist der Marktmeister darauf, dass auch die Schausteller des Wurstmarkts Gema-pflichtig seien. „Warum sollen wir dann noch mal zahlen?“, fragt er und befürchtet, dass die Gema in dieser Hinsicht doppelt abkassieren könnte. Brill macht deutlich: „Es ist kein ehrlicher Weg. Es geht nicht darum, Gema-Kosten zu sparen, sondern um eine saubere Rechnungsgrundlage.“ Die Gema hält ihrerseits dagegen: „Solange der Veranstaltungscharakter erhalten bleibt, bleibt es auch bei der Lizenzierung“, wie Sprecherin Nadine Remus auf Anfrage sagt.

Die „Mackenbacher“ unterhalten das Publikum in den Schubkarchständen musikalisch beim Wurstmarkt 2017. © Klaus Venus

Die gestiegenen Kosten haben aber nicht nur mit der strengeren Anwendung des Tarifs zu tun. Denn nachdem sich die Gema zuvor bei der Meldung der Nutzungsfläche auf die Angaben der Veranstalter verlassen habe, vermesse sie seit Ende der Pandemie die angegebenen Flächen mittels Software selbst. „Wir haben dabei deutliche Diskrepanzen festgestellt“, betont Remus. Dies sei bei der Berechnung der Lizenzhöhe nun berücksichtigt worden.

Für einen Großteil der Veranstalter habe sich in der Folge nichts verändert. Nur in Einzelfällen seien enorme Kostenerhöhungen entstanden. „Bei der gestiegenen Rechnung von Bad Dürkheim handelt es sich um einen der oben skizzierten Einzelfälle“, erklärt Remus. Die Gema stehe dahingehend mit den Veranstaltern in Verbindung und bespreche Lösungen. In Sachen Wurstmarkt scheint das jedoch nicht der Fall zu sein. Gespräche würden nur über den Anwalt laufen, sagt Brill. Auch könnte nicht von Einzelfällen die Rede sein, er selbst wisse von rund zwei Dutzend Veranstaltungen, auf die gestiegene Gema-Kosten zukamen.

Kosten für Musik auf Stadtfesten in der Region explodieren

Besonders hart getroffen hat es die Stadt Landau. Für den Maimarkt stiegen die Kosten von 1100 Euro im Jahr 2019 auf 14 400 Euro im Jahr 2022, teilt eine Sprecherin mit. Die Gema habe den kompletten Alten Messplatz mit einer Fläche von 18 000 Quadratmetern statt wie zuvor den beschallten Bereich einer Bühne mit einer Größe von 1035 Quadratmetern berechnet. Ähnlich verhält es sich beim Landauer Sommer, der mit 72 000 Euro (berechnete Fläche 150 000 Quadratmeter) zu Buche schlug, 2019 waren es 4800 Euro (11 000 Quadratmeter).

Gemeinsam mit den Landkreisen Südliche Weinstraße und Germersheim habe sich die Stadt Landau bereits im April mit einem Schreiben an den Städtetag gewendet, erklärt die Sprecherin. Nicht nur die strengere Berechnungsgrundlage wird darin kritisiert. Genau wie Wurstmarktmeister Brill argumentieren sie, dass auch Schausteller nochmals eigene Gema-pflichtige Musik anmelden müssten.

Mehr zum Thema

Weinfest

Veranstalter und Polizei ziehen Bilanz des Wurstmarkts in Bad Dürkheim

Veröffentlicht
Von
Kai Plösser
Mehr erfahren
Blaulicht

Betrunkene Heimfahrt vom Wurstmarkt

Veröffentlicht
Von
Helena Vollbrecht
Mehr erfahren
Veranstaltung

Wurstmarkt Bad Dürkheim 2023: Neun Tage und Nächte wird gefeiert

Veröffentlicht
Von
Jessica Scholich
Mehr erfahren

Der Städtetag wiederum hat sich im Juli mit einem dreiseitigen Schreiben an seine Mitglieder zurückmeldet. Darin heißt es, dass mehrere Städte erhöhte Kosten reklamiert hätten. Zudem kritisiert der Städtetag, dass die Gema die neu angewendete Berechnung vorher nicht angekündigt hatte.

Der Städtetag sieht in dem Vorgehen der Gema eine Gefahr für das Aus von Veranstaltungen. „Wenn nun absurd hohe Forderungen der Gema dazu führen, dass künftig auf die musikalische Umrahmung der Märkte aus Kostengründen verzichtet werden muss, wäre dies eine erhebliche Einbuße an Attraktivität und am Ende wohl der Todesstoß für solche Märkte.“

Städtetag geht auf Gema zu

Aufgrund der Situation habe der Städtetag das Gespräch mit der Gema gesucht. Dabei sei „auf die dringende Notwendigkeit einer zuverlässigen und planbaren Gebührenberechnung hingewiesen“ worden. Bis Anfang September wollte „die Gema einen Vorschlag vorlegen, wie für die unmittelbar bevorstehende Weihnachtsmarktsaison eine vorläufige Lösung aussehen kann“, heißt es in dem Schreiben vom Juli weiter.

Die Gema bestätigte die Gespräche. Zuletzt seien beide Parteien am 6. September in den Dialog getreten. Das Ende jedoch blieb offen: „Im Ergebnis haben wir keinen Konsens erzielt, der pauschal auf alle Mitglieder des Deutschen Städtetags anwendbar wäre“, so Sprecherin Remus. „Der Deutsche Städtetag will den Lösungsvorschlag der Gema in seinen Fachgremien besprechen. Die Gema wird das Gespräch ebenfalls intern besprechen,“ so Remus weiter. Details zu den Gesprächen wollte sie nicht nennen.

Lösungsvorschlag bleibt aus

Für den Städtetag gab es aber anscheinend nicht viel zu besprechen. Von der Gema habe es keinen konkreten Lösungsvorschlag für die betroffenen Städte gegeben, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagt. Da der Städtetag kein Verhandlungspartner der Gema sei, könne der Verband nicht mehr unternehmen. Von weiteren Gesprächen wurde somit wohl vorerst abgesehen. Die Sprecherin verweist darauf, dass die Gema und die betroffen Städte selbst eine Lösung finden müssten. Weitere Auskunft will sie nicht geben.

Eine baldige Lösung für Brill, der beim Bad Dürkheimer Stadtfest dieselben Probleme hat wie beim Wurstmarkt, ist damit wohl nicht in Sicht. Müssten die Veranstalter in Sachen Gema-Kosten weiter so tief in die Tasche greifen, befürchtet er, dass es in Zukunft weniger, vor allem kleinere Veranstaltungen geben wird. „Dann wird das Musikangebot drastisch reduziert, weil es finanziell nicht darstellbar wäre“, sagt er.

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen