Frankenthal. Ein Mann und eine Frau streiten, sie beschimpfen sich auf übelste Art und Weise. Er dokumentiert den Streit mit seinem Smartphone. Das Video ist am Dienstag im Sitzungssaal 20 des Frankenthaler Landgerichts zu sehen - weil der Mann tot ist und die Frau vor Gericht steht, weil sie ihn erstochen haben soll. Die Staatsanwaltschaft wirft der 25-Jährigen aus Neustadt Totschlag vor, im Falle einer Verurteilung drohen ihr mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe.
Oberstaatsanwältin Doris Brehmeier-Metz rekonstruiert zu Verhandlungsbeginn den 2. Januar 2024, den Tag, an dem der Mann starb: Nach einem Streit soll die Angeklagte Lisa-Maria B. ihrem Lebensgefährten in der Küche der gemeinsamen Wohnung in Neustadt ein Messer in den Rücken gestoßen und ihm eine 14 Zentimeter lange Stich-/Schnittwunde zugefügt haben.
Laut Anklage verletzte sie dabei seinen linken Lungenunterlappen sowie die Atemwege des Mannes. Nach Angaben der Oberstaatsanwältin schleppte sich der Mann noch in die benachbarte Wohnung seiner Mutter, die den Notarzt verständigte. Kurze Zeit später erlag er aber seinen schweren Verletzungen.
Streitendes Paar: Auseinandersetzungen seit Weihnachten
Am ersten Verhandlungstag räumt die 25-Jährige über ihren Verteidiger Christoph Hambusch ein, das Küchenmesser mit der 19 Zentimeter langen Klinge in den Rücken des Mannes gerammt zu haben. Hambusch beschreibt in seiner Erklärung, wie das Paar in eine nicht enden wollende Streitspirale geriet, seit dem Weihnachtsabend hätten beide fast pausenlos gestritten. Warum, weiß die Frau heute selbst nicht mehr, so der Verteidiger. Es habe Beschimpfungen auf sie eingehagelt, und ihr Partner „hat gedroht, sie umzubringen“.
Der Konflikt spitzte sich laut Hambusch immer weiter zu, der Rechtsanwalt spricht von Hieben mit einer Holzlatte zwischen den Jahren und von Schlägen, die die 25-Jährige an Armen und Beinen, im Bauch getroffen hätten. Ihre Lippe habe geblutet, so der Rechtsanwalt.
Am 2. Januar sei der Streit weitergegangen - „unter dem Einfluss von Alkohol- und Betäubungsmitteln“. Ihr Partner habe sie provoziert und beleidigt und sei der 25-Jährigen ins Schlafzimmer gefolgt, habe ein Kabel und die Fernbedienung aus dem Schlafzimmer entfernt, und sie weiter geschlagen, mit Tritten haben Lisa-Maria B. versucht, ihn abzuwehren. Schließlich sei er ihr in die Küche gefolgt und habe der Frau erneut gedroht, sie umzubringen. „Er hat sie eingeengt und beleidigt“, sagt Hambusch. Darauf habe die 25-Jährige nach einem Messer gegriffen, das in der Spüle lag, und zugestoßen.
Hilfe bei sexueller oder häuslicher Gewalt
Egal, ob Sie selbst, Angehörige oder Personen in Ihrem Freundeskreis von häuslicher Gewalt betroffen sind: Es gibt Möglichkeiten für Hilfe. Unter folgenden Telefonnummern und auf folgenden Internetseiten finden Sie Beratung und Unterstützung.
Bundesweit
Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen"
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist eine anonyme und kostenfreie Beratung für Betroffene, Angehörige, Freunde und Fachkräfte.
- Telefon: 08000 116 016
- Website: www.hilfetelefon.de
Opfer-Telefon des Weissen Rings
Unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Staatsangehörigkeit und politischer Überzeugung erhalten Opfer oder Zeugen von Kriminalität bei uns schnelle und direkte Hilfe.
Bundesweit. Kostenfrei. Anonym. Ein Hilfsangebot des WEISSEN RINGS: 7 Tage die Woche von 7 bis 22 Uhr.
Telefon: 116 006
Website: www.weisser-ring.de/hilfe-fuer-opfer/onlineberatung
In der Region
Frauenhaus des Mannheimer Frauenhaus e. V.
Das Frauenhaus bietet Schutz für Frauen und deren Kinder vor Gewalt und Bedrohung in akuten häuslichen Gewaltsituationen. Die Mitarbeiterinnen beraten Betroffene bei der Lösung persönlicher Probleme und der Verarbeitung der Gewalterfahrungen.
- Telefon: 06 21 74 42 42
- E-Mail: fachbereich-frauen@frauenhaus-fiz.de
- Website: www.frauenhaus-fiz.de
Fraueninformationszentrum des Mannheimer Frauenhaus e. V.
Im Fachinformationszentrum des Mannheimer Frauenhauses werden Frauen zum Wohnungsverweis und Gewaltschutzgesetz nach häuslicher Gewalt, Unterstützung in schwierigen Trennungs- und Scheidungssituationen und bei Stalking beraten.
- Telefon: 0621 37 97 90
- E-Mail: fiz@frauenhaus-fiz.de
- Website: www.frauenhaus-fiz.de/fraueninformationszentrum
Frauen- und Kinderschutzhaus Heckertstift des Caritasverband Mannheim e. V.
Hier finden Frauen und deren Kinder Schutz, die sexuelle, körperliche oder seelische Gewalt erlebt haben oder davon bedroht sind, sowie für Frauen, die von einer Zwangsheirat betroffen oder bedroht sind.
- Telefon: 0621 411068 oder über die kostenlose Hotline 0800 1008121
- E-Mail: heckertstift@caritas-mannheim.de
- Website: www.caritas-mannheim.de
Ehe-, Familien- und Lebensberatung Mannheim
Die Familienberatung Mannheim berät bei körperlicher, psychischer, seelischer oder sexualisierter Gewalt. Zudem finden Betroffene hier Hilfe bei Ehe- bzw. Partnerschaftsproblemen oder Familienkonflikten.
- Telefon: 0621 155333
- E-Mail: info@eheberatung-mannheim.de
- Website: www.eheberatung-mannheim.de
Gewaltambulanz am Uniklinikum Heidelberg (Institut für Rechtsmedizin und Verkehrsmedizin)
Opfer von Gewalt können sich hier kostenlos rechtmedizinisch untersuchen lassen. Die Mitarbeiter dort sichern Spuren bei Gewalttaten. Es besteht keine Pflicht, die Täter anzuzeigen. Die Gewaltambulanz ist 24 Stunden erreichbar.
- Telefon: +49 152 54648393
- Website: www.klinikum.uni-heidelberg.de/gewaltambulanz
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Wie es weiter ging, erzählt am Dienstag die Mutter des Mannes vor Gericht. Sie berichtet, dass sie ihren Sohn, der mit Lisa-Maria B. im Hinterhaus ihres Anwesens lebte, schreien gehört habe. „Lisa, hilf mir, ich muss sterben“, habe er wieder und wieder gerufen. Im Hof des Hauses sei sie auf ihren Sohn getroffen, der blutete und um Luft rang. „Er sagte: ,Mama hilf mir, ich muss sterben.’ Das waren seine letzten Worte“, sagt die Mutter, die als Nebenklägerin in dem Verfahren auftritt. Alles sei voller Blut gewesen, dann sei ihr Sohn vor ihren Augen gestorben.
Wohnung des Paares „das reinste Schlachtfeld“
Die Vorsitzende Richterin Mirtha Hütt befragt die Mutter auch danach, welche Art von Beziehung ihr Sohn und die 25-Jährige geführt hätten, wie ihre Liebe begann und wie beide ihr Leben zusammen gestalteten. Die gemeinsame Geschichte der beiden habe vor acht, vielleicht neun Jahren ihren Lauf genommen, berichtet die Mutter des Mannes vor Gericht.
Ihr Sohn sei zum Entzug in einem psychiatrischen Krankenhaus gewesen, dort habe er Lisa-Maria B. kennengelernt, die aus schwierigen Verhältnissen stamme, wenig Kontakt zu ihrer Familie gehabt habe. Ihr Sohn und Lisa-Maria B. seien zusammengezogen und umgezogen. „Aus der letzten Wohnung wurden beide herausgeklagt“, sagt die Frau vor Gericht.
Darauf habe sie ihren Sohn und seine Freundin bei sich aufgenommen - und sei hautnah Zeugin ihres immerwährenden Streits geworden. Das Geschrei der beiden sei durch die ganze Straße gehallt, sie und ihr Mann, die Nachbarn, alle hätten die Streitereien mitbekommen, mehrmals habe sie die Polizei verständigt, auch die Nachbarn riefen immer wieder bei den Beamten an. „Immer wieder gab es Geschrei, das hat mich fertiggemacht“, sagt die Frau.
Die Wohnung, die sie und ihr Mann den beiden überlassen hätten, sei das reinste „Schlachtfeld“ gewesen. „Wir hatten keine Türen mehr, der Boden war kaputt, die Fensterscheiben eingeschlagen.“ Immer wieder hätten sich beide verletzt, wenige Male so schwer, dass der Rettungsdienst anrücken musste. „Es wäre besser gewesen, sie hätten sich getrennt, aber er hat gesagt, er liebt sie.“ Bis kurz vor seinem Tod, „da hat er es ernst gemeint, er wollte sich trennen“.
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