Neustadt/Weinstraße

Bauern protestieren mit mehr als 800 Traktoren

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dpa/lrs
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Mit mehr als 800 Traktoren haben die Landwirte aus Rheinhessen und der Pfalz gegen ihrer Ansicht nach verfehlte Agragpolitik demonstriert. © Klaus Venus

Neustadt/Weinstraße. Hunderte von Bauern haben den Auftritt von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf dem CDU-Landesparteitag in Neustadt an der Weinstraße zum Protest gegen die Agrarpolitik genutzt. Sie wandten sich entschieden gegen das kürzlich beschlossene Agrarpaket der Bundesregierung, das neben Änderungen bei den Direktzahlungen aus den EU-Agrarsubventionen auch ein staatliches Tierwohl-Label sowie ein Aktionsprogramm Insektenschutz mit Einschränkungen beim Einsatz von Pestiziden und ein Verbot des Pflanzengifts Glyphosat ab 2024 vorsieht.

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Protestzug mit mehr als 800 Traktoren

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Vor Beginn ihres Parteitags sprachen Klöckner und der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf mit demonstrierenden Bauern. Klöckner, die auch CDU-Landesvorsitzende ist, kündigte eine "Wertschätzungskampagne für deutsche Lebensmittel und die, die sie erzeugen" an. "Wir als Christdemokraten sind an der Seite der Bauern", sagte Klöckner. Bei den anstehenden Gesprächen am Runden Tisch Insektenschutz werde sie jede Regelung zusammen mit den Bauern auf ihre Auswirkungen prüfen. Die rheinland-pfälzische Landesregierung forderte sie auf, die Nitrat-Messstellen im Land passgenauer zu gestalten. "Wenn wir die Umwelt schonen wollen, gehören alle in ein Boot", sagte Baldauf. Kinder von Landwirten überreichten Klöckner einen Katalog mit Forderungen.

An der Demonstration zum Hambacher Schloss südlich von Neustadt beteiligten sich nach einer Schätzung der Veranstalter mehr als 1000 Menschen und damit mehr als erwartet. "Man merkt, der Unwillen wird immer größer", sagte Mitveranstalter Christian Deyerling. Eine Polizeisprecherin schätzte die Zahl der an dem Protest beteiligten Traktoren auf 800 bis 900. Abgesehen von Verkehrsbehinderungen sei es zu keinen Problemen gekommen.

Die bereits seit Wochen anhaltende Protestbewegung unter dem Motto "Land schafft Verbindung - Wir rufen zu Tisch" richtet sich gegen eine "bauernfeindliche Politik", die ein Höfesterben forciere. "Mit jedem Landwirt, der seinen Betrieb aufgibt, verschwindet nicht nur fachliches Know-how, sondern auch ein Stück Vielfalt im ländlichen Raum", erklärten die Veranstalter. Die Arbeit eines gesamten Berufsstands stehe auf dem Spiel.

Mehrere demonstrierende Bauern kritisierten, dass zu wenig mit ihnen und zu viel über sie gesprochen werde. Hauptproblem sei für ihn weniger die schlechte wirtschaftliche Lage als vielmehr "das sogenannte Bauern-Bashing", sagte Dieter Marggraf, der aus dem südhessischen Biblis in die Pfalz kam. "Wir haben unseren Beruf gelernt, wir haben zum Teil wie ich unser Leben lang in diesem Beruf gearbeitet, und irgendwelche Ideologen wollen uns erzählen, was richtig ist."

Letztlich bestimme der Verbraucher, wie in der Landwirtschaft gearbeitet werde, sagte Volker Lichti, der seinen Heidehof in Neustadt vor drei Jahren von der Milchwirtschaft auf Pferdehaltung und Biogaserzeugung umgestellt hat. "Es wär ja schön, wenn alle Bio kaufen würden, dann würden wir sofort umstellen und Bio machen." Aber ein Teil der ökologisch erzeugten Produkte, etwa bei Getreide, werde in der erzeugten Menge vom Markt nicht abgenommen.

Enttäuscht äußerten sich Bauern über Klöckner. "Da wird sehr viel gelächelt und sehr viel gesagt und wenig gemacht", kritisierte Marggraf. "Verständnis hat Frau Klöckner schon öfter geäußert, aber sie müsste auch Taten sprechen lassen", sagte der Winzer Reiner Bossert aus Neustadt-Duttweiler.

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