Nahverkehr - In der Leitstelle Ludwigshafen versorgen vier Streckenagenten Kunden der DB Regio Mitte mit schnellen Störungsmeldungen

Bahnsprache fix übersetzt

Von 
Michaela Roßner
Lesedauer: 
Domenico Ianni ist einer von vier Streckenagenten der DB Regio Mitte. Auf sechs Bildschirmen hat er ständig das Bahnnetz zwischen Frankfurt, Kaiserslautern, Osterburken und Karlsruhe im Blick, um Störungen schnell an Bahnkunden zu melden. © miro

Ludwigshafen. Triebwerkschaden am Regionalexpress 12352 auf der Westpfalz-Strecke – zwischen Pirmasens Nord und dem Hauptbahnhof Pirmasens fährt der Zug an diesem Vormittag nicht. Um 10.45 Uhr geht die Nachricht raus – 18 Minuten haben die Bahnkunden Zeit, eine andere Verbindung zu wählen, um nicht umsonst am Bahnsteig zu warten. Geschickt wird diese hilfreiche Meldung aufs Handy aus der Leitstelle Ludwigshafen, wo vier Mitarbeiter als Streckenagenten täglich von 6 bis 22 Uhr den Zugverkehr der DB Regio Mitte im Blick haben – und ihr Wissen über Verspätungen sofort an Bahnreisende weitergeben, die eine spezielle App auf ihrem Handy haben.

Streckenagent der Bahn

  • Den App Streckenagent der Bahn kann man aufs Handy laden. Die Informationen werden auf Wunsch als Push-up-Meldung verschickt und können auch für einzelne Strecken abonniert werden.
  • Im ersten Jahr haben 100 000 Nutzer durchschnittlich drei Meldungen pro Tag erhalten.
  • Bundesweit ist das Mini-Programm seit der Einführung Anfang 2017 750 000 Mal heruntergeladen worden.
  • Die DB Regio Mitte koordiniert mit der Region NRW und der Regio-Zentrale in Frankfurt die Weiterentwicklung der Streckenagenten-App.
  • In Baden-Württemberg wird gerade eine Kooperation mit Radiosendern geknüpft. Ziel: Störungsmeldungen wie beim Straßenverkehr auch für den Bahnverkehr zu verbreiten.

Sechs Bildschirme stehen auf dem Schreibtisch von Domenico Ianni – er hat nicht nur die 4500 Kilometer Streckennetz im Blick, sondern auch den Fahrplan, den DB-Navigator, den man im Internet und auf dem Handy aufrufen kann sowie den internen Kommunikationskanal. 1150 Bahnhöfe und Haltestellen gehören zum Bereich der DB Regio Mitte. Sie liegen in Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Hessen, dem nordwestlichen Baden-Württemberg und im Elsass.

Kurze Infos, kein Dialog

Soziale Medien wie Twitter und Facebook sind weitere geöffnete Internetfenster auf den Bildschirmen vor Ianni. „Es kommt vor, dass Bahnkunden hier eine Störung mitteilen, die ich auf anderen Kanälen noch nicht gesehen habe“, erklärt er. Seit Oktober arbeitet er als Streckenagent in der Leitstelle in Ludwigshafen. „Jeder Tag bringt Neues, jede Störung ist anders“, beschreibt er seine Faszination für diesen Job. Vorher hat er bei der DB Service gearbeitet. Sein Dienst beginnt heute um 6 Uhr, um die Mittagszeit hat er bereits 21 Meldungen geschrieben. Antworten auf Anfragen aus den sozialen Medien zu formulieren, gehört nicht zu seinen Aufgaben.

„Wir gehen mit diesem Service aktiv auf die Kunden zu, teilen ihnen sofort mit, wenn es Störungen im Bahnbetrieb gibt“, erklärt Holger Xandry, Leiter Kundendialog bei der DB Regio. „Und wir begleiten den Kunden auch, melden ihm, wenn es Ersatzverkehr gibt oder die Störung beseitigt wurde.“

Melanie Polenz ist ebenfalls Streckenagentin – und Teamleiterin. Der Arbeitsplatz, an dem sie sich mit Ianni und zwei weiteren Kollegen abwechselt, steht in direkter Nachbarschaft zu denen der Kollegen von der Strecken- und Fahrzeugdisposition. „So bekommen wir sofort mit, wenn der Fahrplan nicht eingehalten werden kann.“

Als die Streckenagenten vor gut einem Jahr eingesetzt und vier Stellen dafür geschaffen wurden, handelte man aus der Erfahrung heraus, dass die Kundenkommunikation im Störfall „nicht immer 100-prozentig“ war: Die Mitarbeiter in der Leitstelle hatten schlicht alle Hände voll zu tun, sich um die Störung selbst zu kümmern. Bei Bahnkunden sorgen zu späte oder fehlende Informationen indes schnell für Frust.

Ianni, Polenz und ihre Kollegen sind für ihre Aufgabe einen Monat lang geschult worden – neben Streckenkunde gehörte ein Schreibtraining dazu. Die Streckenagenten sind ein Stück weit auch Übersetzer: Bahntypische Abkürzungen und Begriffe übertragen sie in ein Deutsch, das jeder Kunde verstehen kann.

„TF“ und „HVZ“ kommen Bahnmitarbeitern wie selbstverständlich über die Lippen, Fahrgäste würden aber wohl nur „Bahnhof“ verstehen, wenn man die Kürzel aufs Handy geschickt bekäme – sie stehen für Triebfahrzeugführer und Hauptverkehrszeit. Auch Bahnhöfe haben intern ganz eigene Bezeichnungen. „RM“ etwa steht für den Mannheimer Hauptbahnhof. Zugnummern verwenden die Streckenagenten ebenfalls höchst sparsam – „besser sind Abfahrtszeit und Linie“, erklärt Xandry.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

Mehr zum Thema

Umgestaltung Haltestelle Mannheim Hauptbahnhof ab Samstag wieder erreichbar

Veröffentlicht
Mehr erfahren

Verkehr „Oldtimer“ auf der Linie 5 bremsen den Zugverkehr in der Region

Veröffentlicht
Mehr erfahren