Kaiserslautern. Trainer Patrick Glöckner trat nach dem Schlusspfiff verärgert ein Loch in die Luft, Torwart Timo Königsmann sank nach dem 0:0 an seinem Pfosten zusammen, während die FCK-Fans ihr Team feierten. Der SV Waldhof muss nach 32 Jahren Durststrecke auf dem Betzenberg weiter auf den ersten Derby-Sieg beim 1. FC Kaiserslautern warten. Trotz 50 Minuten in doppelter Überzahl nach einer überaus ruppigen und emotionalen ersten Halbzeit, die wenig mit einem Fußballspiel zu tun hatte, kam der Mannheimer Drittligist nicht über ein torloses Remis in der Pfalz hinaus.
Mehr als wie auf diesem Silbertablett wird der SVW den Prestigeerfolg so schnell sicher nicht mehr serviert bekommen. "Mit zwei Mann mehr müssen wir da natürlich mehr draus machen, aber es hat nicht sollen sein", kommentierte Routinier Marcel Höger den letztlich enttäuschenden Endstand. Trainer Glöckner hatte sich mit dieser Ausgangsposition natürlich ebenfalls mehr erhofft. "Schade, dass wir mit diesem Ergebnis nach Hause gehen, aber wir haben es einfach nicht geschafft, die Überzahl effektiver zu gestalten. Da müssen wir in den Aktionen einfach zielstrebiger werden", sagte der Coach unmittelbar nach dem Abpfiff einer Partie, die mit zwei Platzverweisen und acht Gelben Karten wieder den offenbar unausweichlichen typischen Derby-Charakter hatte.
Sein Gegenüber Marco Antwerpen konnte mit dem einen Punkt dagegen bestens leben. "Ich bin extrem stolz auf meine Jungs. Ich weiß gar nicht gegen wieviele Mannheimer wir heute gespielt haben", atmete der FCK-Coach nach den nervenaufreibenden 90 Minuten durch und präsentierte einmal mehr seine ganz individuelle Sicht auf die Partie. "Ich weiß nicht was der Schiedsrichter vor hatte oder ob er sich überhaupt auf die Partie vorbereitet hatte", betrachtete Antwerpen nicht nur die beiden Platzverweise als unberechtigt, sondern sah auch in der Zweikampfführung der Mannheimer die Ursache für die viele Unruhe. "Meiner Meinung nach war Mannheim die ganze Zeit drüber", meinte Antwerpen zum kampfbetonten Südwest-Vergleich.
Da der Mannschaftsbus der Mannheimer trotz aufwändiger Polizei-Eskorte im Lauterer Verkehr Richtung Stadion rund 20 Minuten steckenblieb, erreichte der SVW den Betzenberg zehn Minuten später als geplant, was auf die Vorbereitung allerdings keinen Einfluss hatte. Der SVW begann mit Rückkehrer Hamza Saghiri für Stefano Russo im defensiven Mittelfeld, personelle oder taktische Fragen standen aber ohnehin nicht lange im Mittelpunkt, da kaum Fußball gespielt wurde, sondern es eher darum ging, Pfähle in Sachen Zweikampfführung einzuschlagen. Es wurde gehalten, getreten, gestoßen und sich theatralisch auf dem Boden gewälzt. Die erste Karte erhielt SVW-Angreifer Adrien Lebau. Als Möglichkeit war in der ersten Viertelstunde nur der Abschluss von Lauterns Mike Wunderlich zu notieren, der für Timo Königsmann im Waldhof-Tor aber kein Problem darstellte (16.).
Mit Blick auf die emotionalen Anfangsminuten dauerte es dann auch nicht lange bis zur ersten Rudelbildung. SVW-Kapitän Marcel Seegert hatte Kenny Redondo mit gefährlich hohem Fuß am Kopf getroffen, was ein rot-weißes Knäuel zur Ursache hatte, aus dem Seegert und der meckernde FCK-Kapitän Jean Zimmer mit Gelb hervorgingen (20). Doch damit nicht genug: Als Redondo Mannheims Saghiri direkt vor den Bänken von hinten in die Hacken trat, brachen alle Dämme. Wieder waren gefühlt alle Beteiligten auf dem Platz, sogar die beiden Sportchefs Thomas Hengen (FCK) und Jochen Kientz gerieten nicht nur verbal aneinander.
Den größeren Tribut zahlten dabei die Pfälzer: Redondo sah Rot, Kientz musste den Innenraum verlassen (25.). Aus ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit konnten die Waldhöfer allerdings kein Kapital schlagen, weil ein echtes Fußballspiel weiter kaum zustande kam. Erst ein Befreiungsschlag in die Spitze brachte den SVW nach 41. Minuten aufs Gleis. Der pfeilschnelle Lebeau war auf und davon, Marvin Senger stoppte den Franzosen als letzter Mann erst einen Meter vor dem Strafraum mit einer Grätsche. Diese Notbremse hatte den nächsten Platzverweise zur Folge, der klarer war als die erste, zu harte Rote Karte für die Pfälzer (41.). Mit nur acht Feldspielern rettete sich der FCK in die Kabine, wobei es zu den nächsten verbalen Scharmützeln kam.
Nach der Pause hatten sich die Gemüter dann etwas beruhigt, Marcel Costly ersetzte bei den Mannheimern den unglücklich agierenden und gelb-belasteten Niklas Sommer. Nun waren die Rollen klar verteilt: Der FCK versuchte mit zwei Vierer-Ketten das 0:0 zu halten, der Waldhof mühte sich Lücken zu finden. Eine abgefälschte Hereingabe von Außenverteidiger Alexander Rossipal entschärfte FCK-Keeper Matheo Raab zur Ecke (52.), die Jesper Verlaat nach Lebeaus Schuss aus fünf Metern nicht nutzten konnte. Dabei blieb es zunächst aber auch. Der SVW verpasste es einfach, den Ball schnell genug zu verlagern oder ließ die Kugel zu oft ins Aus rutschen, die Pfälzer wurden von den 12.150 FCK-Fans unter den insgesamt 13.150 Zuschauern für jede gelungene Abwehraktion gefeiert.
Knapp 20 Minuten vor Spielende versuchte es SVW-Coach Glöckner mit Baris Ekincier und Mohamed Gouaida, doch auch diese Hereinnahmen zündeten nicht. Lautern hatte immer genug Zeit, sich zu sortieren und glaubte mehr und mehr an den Punktgewinn, weil der Waldhof auch größte Chancen wie durch Dominik Martinovic aus fünf Metern (75.) nicht nutzen konnte. Der SVW-Angreifer scheiterte aus kurzer Distanz an Torwart Raab, fünf Minuten später drosch Costly den Ball aus drei Metern ans Außennetz. Der Rest der Partie glich einem Handballspiel, bei dem die fast schon bemitleidenswerten Mannheimer ideenlos um die Lauterer Abwehr herumspielten, aber keine Lücke fanden. Den nicht mehr für möglich gehaltenen Punkt hatte sich der FCK letztlich verdient, der SVW den Derby-Sieg dagegen verspielt.
FCK - SV Waldhof
1.FC Kaiserslautern: Raab - Senger, Groß, Tomiak - Hercher (86. Hanslik), Ritter, Wunderlich (78. Schad), Zuck - Zimmer (78. Niehues), Klingenburg, Redondo.
SV Waldhof: Königsmann - Sommer (46. Costly), Verlaat, Seegert, Rossipal (78. Donkor) - Höger (67. Gouaida), Saghiri - Boyamba (67. Ekincier), Lebau, Schnatterer - Martinovic.
Tore: Fehlanzeige
Gelbe Karten: Raab, Zimmer, Hengen (Sportchef), Tomiak, Antwerpen (Trainer) - Lebeau, Seegert, Sommer, Saghiri, Schnatterer.
Rote Karten: Redondo, Senger, Dick (Verantwortlicher) - Kientz (Sportchef)
Beste Spieler: Raab - Seegert.
Zuschauer: 13.150.
Schiedsrichter: Florian Heft (Neuenkirchen).
Nächstes Spiel: SV Waldhof - Hallescher FC (Samstag, 18. September, 14 Uhr, Carl-Benz-Stadion).
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