Zum Artikel „Drei Ansichten auf eine Skulptur“ vom 17. Januar:
Mit den Worten „und somit hat Mannheim ein Problem“, beendet Manfred Loimeier seine Ausführungen über die Skulptur „Jüngling mit Stab“ von Bernhard Bleeker, das seit den 50er Jahren im Unteren Luisenpark an Ludwig Frank und die Gefallenen des Ersten Weltkriegs erinnern soll. In der Tat lassen die Ausführungen im „MM“ keinen Zweifel daran, dass ein Bildhauer, der von Goebbels als „Gottbegnadeter“ in den Nazi-Olymp befördert wurde, nicht geeignet ist, einen außergewöhnlichen Mann wie Ludwig Frank zu ehren.
Ludwig Frank sah sich als Jurist und Reichstagsabgeordneter vor allem dem Frieden und der Völkerverständigung verpflichtet, organisierte zahlreiche internationale Treffen von Menschen, die den nahenden Krieg erahnten und sich dennoch für Frieden einsetzten. Auch wenn Ludwig Frank als Kriegsfreiwilliger in Frankreich fiel, darf er doch nicht als Militarist gesehen werden. Es ging ihm darum, als Sozialdemokrat aus der Ecke der sogenannten „vaterlandslosen Gesellen“ heraus zu treten, in die ihn Kaiser und Monarchisten gerne stellten. Er wollte zeigen, dass er in der Not das Vaterland unterstützt, und er wollte nach dem Krieg an der Neugestaltung Deutschlands mitwirken.
Dies war ihm nicht vergönnt – sicher wäre er sonst in der Weimarer Republik ein noch bedeutender Politiker geworden. Und zweifellos hätte er als Jude und Sozialdemokrat in der NS-Zeit Verfolgung und Hass erleben müssen. Eben dieser Mann soll nun durch den „Jüngling mit Stab“ geehrt werden?
Ich habe als Lehrerin am Ludwig-Frank-Gymnasium mit meinen Schülerinnen und Schülern häufig über die Person Ludwig Franks diskutiert, manchmal haben wir auch das Denkmal besucht. Keinem und keiner meiner Schüler*innen erschloss sich jemals ein Zusammenhang zwischen dem Denkmal und dem 40-jährigen Politiker, der in Frankreich gefallen ist.
Reizvolle Aufgabe
Mein Vorschlag: Die Stadt Mannheim sollte auch an diesem Beispiel zeigen, dass Erinnerungskultur nicht nur ein Schlagwort ist, sondern mit Leben gefüllt werden kann. Ludwig Frank, der sich in Mannheim besonders für die Jugend einsetzte, könnte durch ein modernes Denkmal geehrt werden, welches von jungen Menschen gestaltet werden könnte. Warum nicht an der Schule, die seinen Namen trägt, nach Ideen fragen? Kreativität gibt es dort genug, und Kreativität, die in ein reales Projekt mündet, wäre für Schülerinnen und Schüler sicherlich eine reizvolle Aufgabe.
Das Denkmal von Bleeker zumindest gehört von dieser exponierten Stelle im Luisenpark entfernt. Kontextualisiert könnte man es möglicherweise an anderer Stelle aufstellen, wo es zum Nachdenken über die Instrumentalisierung von Kunst anregen würde. Ludwig Frank zumindest und die Opfer des Ersten Weltkriegs haben eine andere Art der Erinnerung in ihrer Heimatstadt verdient.
Info: Originalartikel unter https://bit.ly/3Kjekit
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Es wird ernst