Es ist wie so oft: Keiner weiß was, keiner will’s gewesen sein. Doch die Vermutung liegt nahe, dass die Deutsche Bahn dafür gesorgt hat, dass die Wege, die der Bundesverkehrsminister bei seiner Reise entlang der Riedbahnstrecke nehmen sollte, vorher in Schuss gebracht wurden. Kennt man ja, solche Potemkinschen Dörfer. Die soll der gleichnamige russische Gouverneur vor einem Besuch Katharina der Großen errichten lassen haben, um die Zarin mit tollen Bauten, die lediglich bemalte Kulissen waren, zu beeindrucken. Historiker haben längst herausgefunden, dass diese Anekdote so nicht stimmt, trotzdem hat sich der Begriff erhalten für die Vortäuschung falscher Tatsachen. Nichts anderes sind die strahlend-weißen Wände in der Unterführung. Eigentlich müssten sich der Minister und der ihn begleitende Tross sogar gewundert haben, wie blank die Wände hier sind – frei von jeder sonst üblichen Schmiererei.
Fakt ist, dass diejenigen, die das veranlasst haben, keine Ortskenntnisse hatten. Dann hätten sie nämlich wissen können, dass es sich bei dem farbenfrohen Wandgemälde nicht um eine Sachbeschädigung handelte, sondern um einen von der Deutschen Bahn tolerierten Versuch der Verschönerung und um ein wertvolles Projekt, jungen Menschen Verantwortung für ihren Lebensraum zu vermitteln.
Schade, dass das offenbar bei der Bahn als Eigentümerin niemand wusste und dass auch niemand nachgefragt hat, bevor er zu Pinsel und Schwamm griff, um das Bild zu entfernen beziehungsweise zu übermalen. Für die jungen Lampertheimer und diejenigen, die das Projekt mitverantwortet haben, ist das eine äußerst traurige Erfahrung.
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Zu viel des Guten
Susanne Wassmuth-Gumbel zur Putzaktion am Bahnhof