Unzuverlässig

Inna Hartwich verurteilt anlässlich der Krimbesetzung vor fünf Jahren die russische Großmachtpolitik

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Inna Hartwich
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Es wirkte wie von Zauberhand, als vor fünf Jahren militärische Einheiten ohne Erkennungszeichen auf der ukrainischen Halbinsel Krim aufgetaucht waren. Unter dem Schutz dieser „grünen Männchen“ ergriffen prorussische Politiker die Macht in der Region.

„Höfliche Menschen“ nennen die Russen diese Einheiten noch immer, für sie ist in der Krim-Hauptstadt Simferopol ein Denkmal aufgestellt worden: Eine bronzene Mädchenfigur reicht dem Soldaten aus Bronze einen Strauß Blumen.

Es ist das russische Verständnis von Russlands territorialem Raubzug von 2014, das mit Höflichkeit rein gar nichts zu tun hatte. Selbst Russlands Präsident Wladimir Putin hatte ein Jahr später zugegeben, was Moskau zunächst vehement geleugnet hatte: Die mysteriösen Soldaten waren russische Sondertruppen. Ein geplantes völkerrechtliches Verbrechen.

Der Westen war durch den „Anschluss“ völlig überrumpelt und verstand erst nach und nach, dass die Zeiten endgültig vorbei sind, sich auf Russland verlassen zu können.

Die Krim ist eine Zäsur in der europäischen Geopolitik, ein Wendepunkt der europäischen Geschichte, weil die Folgen dieser Annexion die Sicherheitsarchitektur eines ganzen Kontinents in Frage stellen. Moskau verschob im Handumdrehen und unter Missachtung internationaler Rechte – mag es auch historische Ansprüche auf die Halbinsel geltend machen – die Grenzen zweier Länder, weil der Westen dieser abscheulichen Machtdemonstration nichts entgegenzusetzen hatte.

Moskau vertraute auf das Recht des Stärkeren und kam damit durch. Zumal ihm das Volk huldigend zu Füßen lag. Mittlerweile sagen selbst überzeugte Befürworter von damals: ,,Das Leben vor der ,Heimholung’ war besser, interessanter, ehrlicher und gerechter“, wie es ein Kosaken-Ataman, der den „grünen Männchen“ vor fünf Jahren zur Seite stand, in diesen Tagen russischen Medien sagte.

Die Krim aber bleibt Trumpf in den Händen Moskaus. Der Kreml spielt diese Karte aus, wann immer er das kann und braucht. Die Ära des Großmächte-Ringens ist zurück.

Korrespondent