Es ist eine gute Nachricht: Thüringen hebt die Kontaktverbote auf. Sicher werden bald auch die anderen Länder folgen. Aber Vorsicht, die Nachricht lautet nicht, dass Corona vorbei wäre. Noch laufen viele Infizierte unerkannt herum. Und an örtlichen Ausbrüchen sieht man immer wieder, wie höllisch ansteckend das Virus ist.
Es ist trotzdem vertretbar, dass der Staat statt auf Verbote jetzt zunehmend auf Eigenverantwortung setzt und immer weitere Bereiche öffnet. Die Zahl der Notfallbetten reicht, die Gesundheitsämter funktionieren. Die Zuständigkeit für die Pandemiebekämpfung ist immer weiter delegiert worden, vom Bund auf die Länder, von diesen auf die Landkreise und Kommunen und nun in jeden Haushalt.
Jetzt kommt es darauf an, dass alle dieser Verantwortung auch gerecht werden. Denn das Virus ist noch da, und es braucht nicht viele Infektionsherde, um wieder eine breite Spur der Zerstörung zu ziehen. Noch gibt es in einigen Bereichen Verbote, etwa für Großveranstaltungen, doch bald werden auch diese fallen, und dann werden die einzelnen Bürger wirklich die entscheidenden Pandemiebekämpfer sein. Werden sie sich entsprechend verantwortungsvoll verhalten? Werden sie von sich aus Abstände einhalten und Masken aufsetzen, wo das geboten ist? Die App benutzen? Wird jeder von ihnen daran mitarbeiten, die Seuche zu stoppen?
Es gibt nämlich ein Problem mit der Freiheit des Individuums in Pandemiezeiten: Wer die Gefahr missachtet, leichtfertig oder absichtlich, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere und schränkt deren Freiheit massiv ein. Je mehr Lockerungen es gibt, umso mehr muss die Gefahr im Bewusstsein bleiben. Im Übrigen: Wenn die Situation wieder außer Kontrolle geraten sollte, geht es die Leiter genauso schnell auch wieder rückwärts. Bis hin zum Lockdown. Denn das Infektionsschutzgesetz ist nicht aufgehoben.