Nicht alles Legale ist auch moralisch zu rechtfertigen. Da verdient ein Konzern einen zweistelligen Milliardenbetrag und meldet trotzdem Kurzarbeit an. Die Regeln lassen es zu. Insofern lässt sich dem Unternehmen nichts vorwerfen. Doch wurden sie dazu gemacht, Wirtschaft und Arbeitnehmern in einer Notlage über die Krisenzeit hinweg zu helfen. Das weiß auch jeder. Sie nun auszunutzen, ist schäbig.
Es wird Zeit, die großzügige Kurzarbeiterregelung zu beenden. Sie läuft ohnehin im Sommer aus und wird hoffentlich für lange Zeit nicht mehr benötigt. Dabei hat sich dieses Instrument in den vergangenen Jahren mehr als bewährt. Es ist der deutschen Wirtschaft damit gelungen, schwere Turbulenzen ohne Massenarbeitslosigkeit zu überstehen. Das war in der mehr als hundertjährigen Geschichte der Kurzarbeit nicht immer so. Doch erweiterte Regelungen halfen durch die Finanzkrise ebenso wie zuletzt durch die Pandemie und wohl auch durch die Energiekrise. Nicht ohne Grund haben sich andere Länder das Kurzarbeitergeld zum Vorbild genommen.
Es besteht daher trotz des offensichtlichen Ausnutzens der Regelung kein Grund, es grundsätzlich in Frage zu stellen. Vielmehr sollten aus den Erfahrungen daraus Hinweise für eine Verfeinerung der Bestimmungen gezogen werden. Auch wenn es allerorten an Arbeitskräften mangelt, kann es immer wieder einmal zu Krisen kommen, die einer Stabilisierung des Arbeitsmarktes bedürfen. Und es ist derzeit wohl die einzig verlässliche Prognose, dass es an Krisen vorerst keinen Mangel geben wird.
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Kurzarbeit trotz Milliardengewinns ist schäbiges Verhalten
Trotz hoher Gewinne will Mercedes-Benz wegen Lieferschwierigkeiten Hunderte Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Das für Notlagen gedachte Instrument nun so auszunutzen, ist schäbig, meint Wolfgang Mulke