Man hat einfach zu gemacht. Das war die erste Reaktion der Politik auf die Corona-Pandemie bei den Pflegeheimen. Im März wurden ein striktes Besuchsverbot, teils sogar Ausgangssperren für Bewohner verhängt und erst in der zweiten Maihälfte sachte gelockert. Mehr als zwei Monate vereinsamten die älteren Menschen. Viele starben verbittert und verlassen, bei anderen verstärkte sich die Demenz und verschwand der Lebenswille. Später haben die Verantwortlichen all das wortreich bedauert. Man muss ihnen zugutehalten, dass die strikten Maßnahmen – bei Pflegeheimen, aber nicht nur dort – im März ein Akt der totalen Hilflosigkeit waren. Politik und Behörden mussten schnell irgendetwas tun, wussten aber viel zu wenig über dieses damals neue, heimtückische Virus.
Und dann? Dann kam nach der Hilflosigkeit die Tatenlosigkeit. Außer gelockerten Besuchsverboten mit Hygieneregeln und Maskenpflicht passierte nicht viel. Prompt breitete sich das Coronavirus wieder mit hohem Tempo in den Altenheimen aus – mit tödlichen Folgen. Und ist das Virus erst einmal in der Einrichtung, bedeutete das wieder Besuchsverbote – teils ausgerechnet über Weihnachten. Schnelltests, schon im Sommer für Reiserückkehrer ausführlich diskutiert und praktiziert, wurden erst ab Dezember für Besucher und Mitarbeiter der Heime Pflicht, und erst seit Mitte Januar hilft ihnen die Bundeswehr dabei.
Viele Monate rollte die Ansteckungswelle ungebremst weiter. Ausgerechnet dort, wo man Vater oder Mutter, Oma oder Opa, besonders sicher, geborgen und von Fachpersonal betreut wähnt, wütete das Virus überdurchschnittlich. Zwar hörte man von Politikern Lippenbekenntnisse, die hochverwundbaren alten Menschen müssten besonders geschützt werden. Es gab aber keine Strategie und keine Hilfe von Außen. Von Heimaufsicht und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen war nichts zu vernehmen. Das Pflegepersonal, ohnehin schon im Alltag weit über dem Limit und durch infizierte Kollegen dezimiert, musste alle Schutzmaßnahmen alleine durchziehen.
Und ob es an Sprachdefiziten, an Unkenntnis, krasser Überarbeitung oder der Angst liegt, als früher Empfänger des Impfstoffs „Versuchskaninchen“ zu sein – ausgerechnet Pflegekräfte scheuen in hohem Maß die Impfung. Von breit angelegter Überzeugungsarbeit ist nichts zu hören. Die hohen Zahlen von Infizierten und Toten in den Heimen zeigen nur, dass die Politik beim Schutz versagt hat.