Frohe Botschaft?

Uwe Rauschelbach über die Neuregelung von Gottesdiensten

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Uwe Rauschelbach
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Eines vermitteln die Neuregelungen der hessischen Landesregierung zur Corona-Krise gewiss: ein Stück Hoffnung. Die Einschränkung eines der wichtigsten Grundrechte dieses Landes, nämlich das der freien Religionsausübung, werden ein wenig gelockert. Die christlichen Glaubensgemeinschaften können wieder Gottesdienste feiern. Und auch, wenn sie teilweise erst einmal keinen Gebrauch davon machen werden, so lässt sich verantwortliches Handeln jetzt doch in einem großzügigeren Rahmen abstecken.

Verantwortlich handeln bedeutet gerade im kirchlichen Kontext aber nicht nur, die gesundheitlichen Belange zu berücksichtigen. Sondern auch nach der Sinnhaftigkeit zu fragen, die mit den Möglichkeiten einer Öffnung verknüpft ist. Und da verliert die frohe Botschaft aus Wiesbaden rasch ihren Glanz. Gottesdienstbesucher müssten in einem Abstand von mindestens eineinhalb Metern voneinander Platz nehmen, heißt es. In den Kirchen sind Desinfektionsspender aufzustellen. Kollekten-Körbchen seien verboten. Abstands- und Hygienemaßnahmen seien gut sichtbar auszuhängen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) geht diesbezüglich noch weiter: Das Leitungsgremium der Protestanten empfiehlt auch in Gottesdiensten das Tragen von Masken. Außerdem sollte wegen des Infektionsrisikos nicht gesungen werden – was mit Maske auch gespenstisch wäre. Und so vermitteln die Neuregelungen bezüglich der Gottesdienste eher Beklemmung als Freude. Wenn in einer Kirche keine Nähe und Gemeinschaft gelebt werden kann, wenn die gewohnten Lieder nicht gesungen werden können, wenn man am Abendmahl nur mit einem Gefühl der Unsicherheit teilnehmen kann – dann bleibt vom eigentlichen Feiercharakter eines Gottesdienstes nicht mehr viel übrig. Andererseits spiegelt ein Gottesdienst im Krisenmodus authentisch wider, in welchen Zeiten wir leben. Und dass wir ihnen noch nicht einmal in einer Kirche entrinnen können.

Redaktion Zuständig für Lokales in Lampertheim (Kommunalpolitik, Kultur), Mitarbeit im Kulturressort des Mannheimer Morgen (Musikkritik, CD- und Bücher-Rezensionen).

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