Die Realität des Corona-Winters hat uns eingeholt. Hinter dem sperrigen Begriff „Übersterblichkeit“ steckt in Speyer die verstörende Tatsache, dass im Dezember jeder zweite Todesfall im Zusammenhang mit Covid-19 stand. Verschwörungstheoretikern und Lockdown-Müden zum Trotz ist die Gefährlichkeit des SARS-CoV-2-Virus unbestritten. Die abgegriffene Theorie, dass an und mit Corona in etwa genausoviele Menschen sterben wie bei einer schweren Grippewelle ist nichts weiter als eine lahme Ausrede. Menschen, die das eigene Vergnügen über das Wohl der Allgemeinheit stellen, schmücken ihre Rechtfertigungen gerne mit vermeintlich wissenschaftlichen Fakten, um sich zu entlasten.
Die Wirklichkeit spricht eine andere Sprache. So stirbt in einem Neckargemünder Seniorenheim Anfang Dezember beinahe ein Viertel aller Bewohner an Covid-19. Genau 80 der 91 Menschen, die dort leben, hatten sich mit dem Coronavirus angesteckt. Laut Robert-Koch-Institut sterben etwa 1,8 Prozent der gemeldeten Covid-Erkrankten in Deutschland – im Gegensatz zu 0,5 Prozent bei einer schweren Grippewelle. Und diese Zahl ist keinesfalls endgültig, da sie sich auf das Frühjahr bezieht. Die Sterblichkeit im Corona-Dezember fällt vermutlich verheerender aus. Und wie hoch die Sterbezahlen wären, wenn sich das Virus ungebremst ausbreiten würde, kann ohnehin niemand sagen.
Sicher wird die Sehnsucht nach der alten Normalität unerträglich. Trotzdem wäre Leichtsinn jetzt ein tödlicher Fehler. Vor allem, wenn man an die in Großbritannien verbreitete Corona-Mutation denkt. Auch hier ist die Realität schneller als unser Vorstellungsvermögen, denn der Virus-Typ B.1.1.7 ist in Deutschland angekommen und gerade dabei, sich auszubreiten.
Speyer – im Dezember mit einer 7-Tage-Inzidenz von 500 Hotspot Nummer eins in Rheinland-Pfalz – hat vorgemacht, wie man das Virus ausbremst: Testen, Kontakte nachverfolgen, Quarantäne und Durchhalten. Ein guter Weg, wie die aktuelle Inzidenz von 65 beweist.