Der Trainer neu, die Mannschaft von einem Spieler abhängig, die Vereinsspitze in der Transferpolitik unter Druck: Die Rhein-Neckar Löwen im Winter 2019 sind ein Club, der überall nach Führung sucht. Trainer Kristján Andrésson ist kein emotionaler Menschenfänger wie sein Vorgänger Nikolaj Jacobsen, sondern ein ruhiger Vertreter. Das muss erst einmal nichts Schlechtes sein. Im Gegenteil: Einen anderen Typen zu holen, ist im Sport schon recht häufig ein erfolgreicher und richtiger Ansatz gewesen, zumal ja auch schon Jacobsens letzte Saison nicht mehr ganz so toll verlief. Eine andere, eine neue Ansprache ans Team war da ein logischer Ansatz.
Aber ein festes Fundament, so etwas wie Stabilität, Sicherheit, ein Mindestniveau oder gar eine Entwicklung gibt es in der Mannschaft bislang nicht. Es fehlen die Impulse, die auf dem Feld – wie seit Jahren – immer noch Andy Schmid setzt. Vom Regisseur kann allerdings nicht erwartet werden, jeden dritten Tag Weltklasse zu spielen – selbst wenn ihm das in den Meisterjahren fast durchgängig gelang.
Der Unterschied zu damals: Vor einigen Jahren standen noch andere Persönlichkeiten auf zentralen Positionen neben ihm auf dem Feld und schwangen sich zu Anführern auf. Zum Beispiel Kim Ekdahl du Rietz oder Hendrik Pekeler. Beide Abgänge haben die Badener nie kompensieren können, insbesondere Pekelers Verlust schmerzt in der Abwehr – aus der zur neuen Saison auch noch Gedeón Guardiola wegbricht. Einer der verdientesten Löwen-Spieler aller Zeiten wird ohne Not weggeschickt. Warum? Leistungsgründe können es zumindest nicht sein.
Alle schauen auf die Clubspitze
Die Spieler treibt dieses Thema um, sie beschäftigen sich mit der künftigen Konkurrenzfähigkeit, die ihnen ja bei Vertragsunterschriften zugesagt wurde. Und die Mannschaft schaut deshalb auf die nominelle Führung außerhalb des Feldes, auf Sportchef Oliver Roggisch und Geschäftsführerin Jennifer Kettemann. Doch eine Antwort – sprich adäquaten Ersatz – auf den Weggang von Guardiola und auch Mads Mensah Larsen haben sie bislang nicht präsentiert.
Es wird fraglos spannend zu sehen, ob beide zusammen mit Andrésson wieder den Zug, die Gier, den Ehrgeiz sowie den Geist in den Verein und in die Mannschaft bekommen, den Jacobsen vorlebte, der diesen Club auszeichnete. Und nicht zuletzt wird es sehr interessant, ob sie alle zusammen den immer näherrückenden kompletten Umbruch bei den Löwen hinbekommen. In den nächsten Jahren gehen weitere zentrale Spieler allein schon aus Altersgründen. Zum Beispiel Schmid, der immer noch den Alleinunterhalter auf der Mitte geben muss – und der mit seiner Extraklasse einige Schwächen lange Zeit kaschierte.
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Auf der Suche nach Führung
Marc Stevermüer zur Situation der Löwen