Zeitzeichen

Was sich alles bespielen lässt

Sprachliche Innovationen sind überall, besonders aber im Kultursektor gefragt. Unser Kolumnist bemüht sich um eine Deutung eines aktuellen Falls aus der Theaterbranche

Von 
Thomas Groß
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Sprache verändert sich, ist immerzu in Bewegung. Wortbedeutungen und Wortgebrauch variieren, ebenso die Regeln, nach denen man Sätze baut. So weit, so bekannt. Auch dass nicht zuletzt die Repräsentanten und Akteure des Kultursektors sich um sprachliche Innovationen bemühen, dürfte sich herumgesprochen haben, und das betrifft beileibe nicht nur die Literaten.

„Bespielen“ ist ein Wortbeispiel dafür: Man bespielt heute Theater ebenso wie Museen, jedenfalls bevorzugt diese beiden, was eigentlich nur heißt, dass an diesen Orten ein Programm stattfindet, das dorthin passt und deren Bestimmung folgt, wenn vielleicht auch nicht voll und ganz. Gängig geworden ist im allgemeinen Sprachgebrauch auch die Vokabel „bespaßen“: Eltern, Erzieher, Lehrerinnen bespaßen die Kinder, sorgen also für deren Unterhaltung oder auch für unterhaltsame Unterrichtung, auf dass sie nicht zu quengeln beginnen. Noch innovativer kann es wirken, wenn weitere Verwendungsweisen ins Sprachspiel kommen und am Ende neue Bedeutungsnuancen entstehen. Mannheims Schauspieldirektor hat im Gespräch mit dieser Zeitung gesagt, man versuche jetzt „für ausgewählte Vorstellungen eine Kinderbetreuung anzubieten, so dass die Eltern ins Theater gehen können, während die Kinder bespielt (!) werden“. Bespaßen als bespielen, weil es an einem Ort geboten wird, der nicht umsonst auch Spielstätte heißt und eben bespielt wird. Wie sich das für die Kinder anfühlt, wäre dann auch einmal zu erfragen. Ob sie sich womöglich vorkommen wie eine Ausstellungsfläche oder ein Theatersaal – und wie es eigentlich ist, sich wie ein solcher Ort und also vergegenständlicht zu fühlen? 

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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