Bisweilen beklagen wir Autoren dieser Zeitung uns ja an dieser Stelle, dass unsere schöne deutsche Sprache immer ärmer wird, weil viele Wörter einfach so verschwinden. Man merkt das meist an den verständnislosen Blicken jüngerer Mitmenschen, wenn einem wieder mal eine Vokabel herausgerutscht ist, die der Junior spürbar noch nie gehört hat.
Natürlich gibt es auch jede Menge neue Wörter, meist Abkürzungen, die der modischen Smartphone-Stummelsprache geschuldet sind. So steht etwa „Btw“ für „By the way“, was der Engländer für „apropos“ oder „übrigens“ zu gebrauchen pflegt. In Chats wird es oftmals ironisch gebraucht – also für eine eigentlich doch nicht ganz beiläufige Bemerkung. Da haben wir noch „wohlgemerkt“ oder gar „notabene“ gesagt, aber das ist genauso über den Jordan gegangen wie die meisten lateinischen Lehnwörter, die wir aus der humanistischen Bildung in den Alltag herübergerettet hatten.
Mit dem immer seltener gewordenen Diener sind auch die Vasallen und Domestiken verschwunden. Wer spricht heute noch von Latifundien und meint damit (von Sklaven bewirtschaftete) Ländereien (im Römischen Reich)? Oder von Episteln, also (biblischen) Briefen?
Allein im Umfeld der Justiz haben sich ein paar lateinische Fachausdrücke wie Casus, Factum, Lex, Modus, Status und Ratio gehalten. Aber, ach, es entschwinden ja nicht nur Lehnwörter. Wir haben zwar die wunderbare Sprache der deutschen Romantik noch recht lange in unserer Alltagssprache konserviert. Dennoch tun wir gut daran, allmählich Abschied zu nehmen. Wer wagt es heute noch, Weltgetriebe zu sagen? Oder Mondenschatten, Gemütstiefe und Seelenheil? Den eigenen Ewigkeitsanspruch konnte das schöne Wort „immerdar“ leider nicht einlösen. Waltraud Brunst