Mannheim. Übrigens ...
... schreibt heutzutage ja fast kein Mensch mehr Ansichtskarten. Ist auch klar: Wenn sich Urlaubsbilder in Sekunden per Smartphone verschicken lassen, sind Postkarten so angesagt wie Fotoapparate mit Filmrollen drin. Trotzdem kriegen bei uns die Großeltern und manchmal auch andere Verwandte traditionell eine Karte. Auch wenn die vor allem beim Sommerurlaub in Italien gefühlt oft erst im Advent ankommt. An Pfingsten waren wir dieses Jahr im schönen Kärnten, haben von dort drei Karten verschickt, die auch zügig bei den Lieben waren. Am Ende könnten sie aber die teuersten der Welt sein. Denn kürzlich bekam ich ein Schreiben eines Anwalts aus Österreich. Der wies mich darauf hin, dass sein Mandant ein Gastwirt sei und ich in Kärnten mein Auto widerrechtlich auf den Parkplätzen seines damals geschlossenen Restaurants abgestellt habe. Durch mich also sei der Mann „im ruhigen Besitz seiner Parkplätze gestört“ worden. Schon jetzt könne er mich deshalb verklagen. Das wiederum, so der Anwalt, könne ich verhindern, indem ich nachträglich ein „Benützungsentgelt“ zahle und eine Unterlassungserklärung abgebe, dass dies nie wieder vorkomme. Alles in allem 184,48 Euro! Angehängt ein Beweisfoto, das unser zugegeben etwas schmutziges Auto auf dem Parkplatz zeigt. Was das mit den Karten zu tun hat? Das wurde mir schnell klar. Wir hatten die nämlich im Souvenirshop auf der anderen Straßenseite geholt und dafür das Auto für maximal eine Viertelstunde vor dem (geschlossenen!) Restaurant abgestellt. Meine Frau und meine ältere Tochter blieben sogar im Wagen sitzen. Der Gastwirt zog es aber offenbar vor, die beiden nicht zu stören und fotografierte stattdessen lieber heimlich das Auto. Der Brief brachte mich kräftig in Wallung, als Journalist dachte ich natürlich schon in Schlagzeilen à la „So dreist zocken die Ösis die Piefkes ab“. Doch der ADAC-Jurist zog meiner Empörung rasch den Stecker. „Sie können nur eins machen, und das ist zahlen.“ Mit den 184 Euro komme ich noch vergleichsweise günstig davon. Und juristisch sei der Fall glasklar. So bleibt mir nur, dass ich mit jeweils über 60 Euro pro Stück Rekordhalter für die wohl teuersten Ansichtskarten der Welt bin. Ob es künftig wieder welche gibt? Klar! Tradition ist Tradition. Nur parke ich dann halt ordnungsgemäß.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Übrigens Wie ein Mannheimer die teuersten Karten der Welt verschickte
Ansichtskarten sind nicht mehr zeitgemäß? Papperlapapp! Manche lassen sich das ganz schön was kosten. Der Rekordhalter kommt aus Mannheim, weiß Timo Schmidhuber.