Auszeichnung

Haltung, Wut und Herz: Das ist die Popländ-Award-Trägerin Nikra aus Mannheim

Die Mannheimer Sängerin Nikra erhält den Popländ Award von Baden-Württemberg. Ihre Musik beschreibt sie als zynisch, wütend, zerbrechlich, ehrlich. Ein Porträt.

Von 
Martin Vögele
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Die Band (v.l.): Schlagzeuger Finn Jeschkeit, Bassist Timo Zell, Sängerin Nikra und Gitarrist Ben Geldner. © Luca Vasi

Mannheim. Punkrock und Post-Punk mögen vielleicht als stilistische Leitplanken im Lichtkegel ihrer Lieder aufflackern. Aber die Mannheimer Sängerin und Songschreiberin Nikra transzendiert diese äußeren Merkmale, ihre Musik weist darüber hinaus. Man findet darin jenen besonderen Funken, durch den reines Klangwerk überwunden und Pop-Kunst geschaffen wird.

Was nicht zuletzt am ausdrucksstarken, Stimmfarben-intensiven Gesang und der textlichen Tiefe der Stücke liegt. Da ist etwa der formidable Post-Punk-Aufschrei „Die Jugend ist tot“, die an den Rändern brennende Pop-Gefasstheit von „Fake“ oder „Tanz für mich“, das mit seiner nachgerade umwerfenden Energie ohne Umschweife auf die persönliche Songfavoriten-Liste stürmt.

Popländ-Award-Preisträgerin Nikra studiert an der Popakademie in Mannheim

Man ist offenkundig nicht allein mit dieser Einschätzung: Unlängst wurde Nikra mit dem Popländ Award ausgezeichnet, dem erstmals verliehenen und mit 10.000 Euro dotierten Popkultur-Preis des Landes Baden-Württemberg, den außerdem das Reutlinger Kulturzentrum franz.K und Musikproduzent Jules Kalmbacher erhielten. „Das ehrt mich auf jeden Fall extrem“, sagt die junge Künstlerin.

Wobei sie erklärtermaßen nicht allein im Raum steht: Denn Nikra ist einerseits die 2001 im rheinland-pfälzischen Trier geborene Musikerin, die kurz vor ihrem Abschluss an der Popakademie Baden-Württemberg steht. Und andererseits ihre Band, die aus Ben Geldner an der Gitarre, Timo Zell am Bass und Finn Jeschkeit am Schlagzeug besteht – eine Konstellation, für die man dankbarer nicht sein könnte, wie Nikra betont: „Ganz enge Freunde, die großartig an ihren Instrumenten sind und mit denen eine Art von Magic passiert, wenn wir zusammen spielen.“

Am 16. November wird das Quartett bei der Verleihung des Popländ Award in der Alten Feuerwache Mannheim zu erleben sein.

Die Band Nikra nimmt gerade das Debütalbum „Über beide Ohren“ auf

Wie sie selbst Nikra als personifiziertes Wesen beschreiben würde? „Wir befinden uns gerade in einem Entwicklungsprozess“, entgegnet die Popakademikerin. In der bislang veröffentlichen Musik sieht sie „eine starke Person mit starker Haltung und Einstellung, zynisch, wütend, aber auch zerbrechlich und ehrlich.“

Gerade nehmen die vier – nach mehreren vorausgegangenen EPs und Singles – das Debütalbum „Über beide Ohren“ auf. „Wir werden noch intimer mit unseren Inhalten, lassen ein bisschen mehr von uns selber – oder von mir – durchscheinen“, beschreibt Nikra dieses. „Wir befinden uns im Spannungsfeld zwischen Härte und Softness, Licht und Schatten.“

„Musik ist schon immer ein Teil meines Lebens gewesen“, blickt Nikra auf ihre Kindheit und Jugend zurück. Schon mit vier erhielt sie ihren ersten Klavierunterricht. „Aber erst zum Abitur habe ich zum ersten Mal mit dem Gedanken gespielt, ob das vielleicht auch eine größere Rolle in meinem Leben einnehmen könnte.“

Die Preisverleihung

  • Infos zu Nikra finden sich online unter https://nikramusik.de und www.instagram.com/nikra.musik.
  • Die Verleihung des ersten Popländ Awards Baden-Württemberg findet am 16. November, 18 Uhr, in der Alten Feuerwache in Mannheim statt.
  • Die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Popakademie statt und wird mit dem Bandpool Live & Laut“-Abschlusskonzert verbunden, das um 20.30 Uhr beginn. Dabei treten Marlo Grosshardt, Nikra, Karo Lynn und Ottolien auf.
  • Nikra ist auch Teil des Bandpool-Förderprogramms der Popakademie. Beide Teile des Abends können ohne Anmeldung kostenfrei besucht werden. mav

Sie bewarb sie an der Mannheimer Popakademie, und „auf verrückte Art und Weise hat es direkt geklappt“, berichtet die Popmusikdesign-Studentin. „Ich würde auch sagen, erst mit meiner Zeit in Mannheim und dem Kontakt zu den Menschen, die mit mir studieren, habe ich erst richtig einsortieren können, was Musikmachen und auch Musik generell für mich eigentlich bedeutet.“

Im Herbst 2020 wurde die Band Nikra gegründet, im Frühjahr darauf ging es – damals noch in anderer Besetzung – ins Studio, um die erste EP aufzunehmen. Die Formation hat inzwischen zahlreiche Konzerte gespielt, unter anderem als Vorgruppe von Van Holzen und Heisskalt. Mit Letzteren präsentierte Nikra beim Southside Festival auch die Song-Kooperation „Nicht anders gewollt“.

Heisskalt-Sänger Mathias Bloech, der zu einem guten Freund wurde, produziert überdies das Mitte März erscheinende Debütalbum: „Alle, die sich mit der 2000er-Geschichte von Rock, Emo und Hardcore-Musik auseinandersetzen, werden da auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen“, verspricht Nikra. Begleitend wird es eine Tour geben, wobei Frankfurt am 20. März die am nächsten an Mannheim gelegene Station markiert.

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In ihrer Jugend sei es deutschsprachiger Punkrock gewesen, der ihr „ganz viel Sicherheit gegeben hat und mir geholfen hat, meiner Haltung Ausdruck zu geben“, rekapituliert Nikra. Zudem habe sie daraus „als queere Person in einer eher ländlichen Region“ Stärke gewinnen können. Eine wichtige Rolle habe dabei die Rockgruppe Jennifer Rostock, respektive deren Sängerin Jennifer Weist gespielt, deren Soloprojekt Yaenniver Nikra ihrerseits am 22. November in Dresden supportet.

Ein Gefühl von innerer Stärke, Sicherheit und Haltung: Heute gibt einem das auch die Musik von Nikra mit auf den Weg.

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