Hier also soll die schöne Sheherazade gelebt und ihrem König 1001 Nächte lang ihre Geschichten erzählt haben. Irgendwo hier in einem der prächtigen Paläste von Samarkand, das zu den einst wohlhabendsten Städten an der sagenumwobenen Seidenstraße zählte. Zu Sheherazade und ihrem Herrn führt längst keine Spur mehr, doch der Reichtum, Glanz und Zauber Samarkands ist in der usbekischen Stadt bis heute gegenwärtig.
Tipps und hinweise
Reisezeit: Im Hochsommer kann es sehr heiß werden. Angenehme Temperaturen von April bis Juni und von Oktober bis November.
Einreise: Seit Januar brauchen deutsche Staatsbürger kein Visum mehr. Es reicht ein Reisepass, der mindestens 30 Tage über das Ausreisedatum hinaus gültig ist.
Gruppenreisen: Organisierte Reisen bietet etwa der Veranstalter Gebeco an, acht Tage „Usbekistan zum Kennenlernen“ ab 1395 Euro, zehn Tage „Höhepunkte Usebekistans“ ab 1595 Euro und eine 13-tägige Erlebnisreise ab 1795 Euro (inklusive Flug). Informationen dazu gibt es im Internet unter www.gebeco.de.
Wer ihn sehen und spüren will, sollte damit auf dem Registan-Platz im alten Stadtzentrum beginnen. Aufwendig restauriert sind die drei Bauwerke, die den Platz flankieren und die Besucher mit blauen Kuppeln und verschwenderischer Ornamentik faszinieren. Timur der Eroberer ließ auf dem Platz einen Basar anlegen, an dem alle großen Handelsstraßen seines Reichs zusammentrafen. Sein Enkel Ulug Bek begann mit dem Bau der Medresen, die heute den Platz beherrschen – muslimische Universitäten, in denen nicht nur der Koran, sondern alle damals wichtigen Wissenschaften gelehrt wurden.
Schönste Stadt Asiens
Nirgendwo werden der Mythos Seidenstraße und die Geschichte usbekisch-mongolischer Herrscher greif- und begreifbarer als in Samarkand. Während der schreckliche Timur bei seinen Eroberungszügen zwischen China und dem Bosporus Tod und Verwüstung hinterließ, bauten seine Architekten Samarkand zur wohl schönsten Stadt Asiens aus. „Wer an unserer Macht zweifelt, mag sich unsere Bauwerke ansehen“, soll Timur geschrieben haben. Die Bibi-Chanim-Moschee war damals die größte Moschee der Welt. Ein Bauwerk, für das 95 Elefanten und ungezählte Büffel Marmor aus Indien herbeigeschleppt hatten. Nicht minder prächtig gerieten die Nekropole Shah-e-Sende, in der Samarkands Adel und verehrte Imame bestattet sind, und natürlich Timurs Mausoleum, das reich mit Blattgold und kunstvollen Fayencen verziert ist.
Ohne die Seidenstraße wären die Macht Timurs und die Pracht usbekischer Städte kaum vorstellbar gewesen. Fast 10 000 Kilometer lang war das Netz der einst wichtigsten Handelswege zwischen China und Europa. Wo sich die nie versiegenden Warenströme aus Nord und Süd, aus Ost und West trafen wie in Samarkand oder Buchara, wurden die Städte und ihre Herrscher reich.
Reiseführer Azamat Azizov erzählt: „Keine Karawane, die sich im chinesischen Xian mit Seide, Porzellan, Gewürzen, Pelzen und kostbarem Geschmeide auf den Weg machte, zog in einem Marsch bis nach Rom. Die allermeisten reisten in Etappen. Sie verkauften ihre Waren in einer Stadt entlang der Seidenstraße, die Kaufleute dort stellten neue Karawanen zusammen und so ging es immer weiter.“ Bis ein Seidenstoff Europa erreichte, konnten sechs bis acht Jahre vergehen, sein Preis stieg von Station zu Station: Was in China in heutiger Währung einen Euro kostete, war am Ende in Rom stolze 200 Euro wert.
Gefährliche Kaufmannzüge
Bis zu 1000 Kamele hatte eine Karawane, die von Chinesen, Mongolen, Tataren, Indern oder Türken ausgerüstet und begleitet wurde. Maximal 15 Kilometer pro Tag schaffte ein solcher Kaufmannzug, der Weg durch Wüsten und Berge war beschwerlich. Die Winter waren kalt, die Sommer heiß, überall drohten Überfälle. In Sicherheit waren Menschen, Tiere und Waren erst in den geschützten Karawansereien, den Raststationen.
Die Stadt Buchara lockte mit vielen Karawansereien. Damit die Kaufleute auch bei Nacht den Weg dorthin fanden, wurde ein Minarett, das bis in weite Ferne zu sehen war, mit Feuerschalen bedeckt und als Leuchtturm für die Wüstenschiffe genutzt, wie Kamele bis heute genannt werden. In Buchara blühte der Handel unter den mächtigen Kuppeln der Märkte der Goldschmiede, Mützenmacher und Geldverleiher. Bis heute laden sie Seidenstraßen-Besucher zum Bummeln und Shoppen ein.
Im 13. Jahrhundert allerdings wurde der Handel unterbrochen, damals fiel Dschingis Khan über die reichen Städte her. Er wollte Rache nehmen für den Überfall auf eine seiner Karawanen. Buchara machte er praktisch dem Erdboden gleich, nur die herrlichen, noch heute erhaltenen Mausoleen der Samaniden ließ er unangetastet. Dschingis Khan hatte Angst vor den Toten und bösen Geistern.
Zwar erholte sich Buchara noch einmal, doch 1920 machten die Bolschewiki der Stadt erneut den Garaus. Bomben fielen auf die Altstadt, Usbekistan wurde zum Sowjetstaat, der landwirtschaftliche Produkte zu liefern und vor allem Baumwolle anzubauen hatte.
Einfluss der Sowjets
Den Sowjets verdankt das Land Monokulturen und langsam versiegende Seen und Flüsse, aber auch den Anschluss an die Moderne, Flughäfen und Eisenbahnen. Vor allem aber waren es sowjetische Archäologen, die ab den 1950er Jahren aus den Trümmern von Buchara und Samarkand wieder Schmuckstücke machten. Oft waren von den einst so Palästen, Moscheen und Medresen nur noch Lehmhaufen übrig. Scharen von Fachleuten aus Moskau waren nötig, um ihnen mit unglaublich aufwendiger und penibler Arbeit zu alter Pracht zu verhelfen.
Es lohnt sich, das Land Timurs kennenzulernen. Heute sind Reisen entlang der usbekischen Seidenstraße relativ komfortabel. Bisher zählt das Land dennoch nur rund 300 000 ausländische Besucher pro Jahr, lediglich 18 000 davon kommen aus Deutschland. Der neue Präsident Shavkat Mirziyoyev, in den seine Landleute auch in puncto Demokratie große Hoffnungen setzen, sieht da zu Recht noch viel Luft nach oben.