Unser Tipp für Rheinland-Pfalz

Der Hunsrück: Wo die Wildnis ruft

Zur Safari nach Afrika, für Urwaldabenteuer in den Regenwald oder zur längsten Fußgänger-Hängeseilbrücke der Welt nach Tschechien? Das alles gibt‘s in Deutschland: im Hunsrück.

Von 
Katja Bauroth
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Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald mit der schönsten Hängeseilbrücke Deutschlands, die Geierlay-Hängeseilbrücke. Die Hängeseilbrücke zwischen Mörsdorf und Sosberg begeistert mit einer Länge von 360 Metern und 100 Metern Höhe über dem Bachtal. © Dominik Ketz / RLP Tourismus

Hilscheid/Bell/Mörsdorf. In und um den Nationalpark Hunsrück-Hochwald im Südwesten von Rheinland-Pfalz und Teilen des Saarlands treffen Adrenalin und Exotik auf charmante Regionalität und Natur pur. Die deutsche Mittelgebirgsregion gilt als ganzjähriger Geheimtipp für abwechslungsreiche Urlaube von Aktiven, Genießern und Familien.

Hier ist Natur noch Natur – oder besser gesagt: Hier wird aus Wirtschaftswald wieder Urwald. Zwischen Saar und Nahe, wo einst Schiefer gebrochen und Wälder für den preußischen Bergbau gerodet wurden, darf sich die Natur heute selbst heilen. Gabriel Wern ist seit 20 Jahren Ranger im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Gemeinsam mit seinen Kollegen vermittelt er auf kostenlosem Touren Wissen über das 10.000 Hektar große Areal (Infos: www.nlphh.de/termine). Rund um den Erbeskopf, mit 816 Metern der höchste Berg in Rheinland-Pfalz, windet sich ein Netz aus hervorragend ausgewiesenen Wanderwegen und Bikestrecken. Im Winter laden die Hänge am Besuchercenter bei entsprechender Schneelage zum Rodeln und Skifahren ein. Das moderne Gebäude am Nationalpark-Tor Erbeskopf verwaltet nicht nur einen Imbiss, sondern auch eine interaktive Multimedia-Ausstellung. Sie gewährt spannende Einblicke in den Nationalpark und darüber hinaus (Adresse: Nationalpark-Tor Erbeskopf, 54426 Hilscheid; kostenlos, Montag bis Sonntag, 9 bis 17 Uhr, ÖPNV-Anbindung per Bus; Schließtage unter www.nlphh.de).

Ranger Gabriel Wern (r., daneben Dr. Harald Egidi, Leiter des Nationalparkamts Hunsrück-Hochwald) zeigt die Besonderheiten der Hangmoore im Nationalpark. © Katja Bauroth

Noch schöner ist es, die Natur selbst zu erkunden. Ob von den Nationalpark-Toren Wildenburg, Keltenpark oder Erbeskopf aus – oft sind Wanderer stundenlang in der Stille des Waldes unterwegs, ohne einem Menschen zu begegnen. Dabei stoßen sie auf über 140 Jahre alte Buchen sowie beeindruckende Fels- und Moorlandschaften. Hangmoore etwa sind wahre Wunderwerke ökologischer Anpassung: Sie wachsen im Jahr nur um rund einen Millimeter, erklärt Ranger Wern. Ton und Torfmoos wirken wie eine natürliche Sperrschicht, speichern Wasser und verhindern Überschwemmungen.

Die durchschreitbare Skulptur Windklang auf dem Erbeskopf ermöglicht eine gute Aussicht über den Hunsrück. Wie der Name bereits vermuten lässt, kann man abhängig von der Wetterlage verschiedene Klänge dieser aus Holz und Metall bestehenden Plattform wahrnehmen. © Dominik Ketz

Im Nationalpark, durch den unter anderem mit dem Saar-Hunsrück-Steig (415 Kilometer) einer der schönsten Fernwanderwege Deutschlands führt, zeigt sich der Wald im Wandel. Nach 30 Jahren, so das Ziel, soll er so wirken, als hätte der Mensch nie eingegriffen – mit heimischen Baumarten wie Hainbuche, Ahorn und Birke, die ihren Platz gegenüber invasiven Arten zurückerobern, erläutert Dr. Harald Egidi, Leiter des Nationalparkamtes. Selbst abgestorbene Bäume stehen hier nicht für Verfall, sondern für Neubeginn: Totholz wird zu Lebensholz. Kurzum: Die Natur verwaltet sich selbst.

Das gilt auch für die Tierwelt. In den 2.000 Hektar großen Wildruhezonen greift der Prozessschutz. Kein Wunder also, dass sich hier der „Hunsrücktiger“, wie Wildkatzen liebevoll genannt werden, zunehmend wohlfühlt. Rund 100 Tiere dieser Art gibt es im seit zehn Jahren bestehenden Nationalpark, belegen Monitoring und Forschung.

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Ein Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist die Skulptur „Windklang“ auf dem Gipfel des Erbeskopfs – Wahrzeichen und Sinnbild für das harmonische Miteinander von Mensch und Natur, wenn der Mensch sich zurücknimmt. Der Aussichtspunkt ist über einen Steg erreichbar und bietet einen weiten Blick über die Hügel des Hunsrücks, auf denen Windräder an die Verantwortung der Klima- und Energiewende erinnern. Je nachdem, wie der Wind durch die Holz-Metall-Konstruktion pfeift, macht der „Windklang“ seinem Namen Ehre. Die Plattform dient außerdem als Trauzimmer des Standesamts Thalfang am Erbeskopf.

100 Meter über dem Boden

Wer einen größeren Adrenalinkick sucht, der sollte die Hängeseilbrücke Geierlay zwischen den Orten Mörsdorf und Sosberg überqueren. Besucher blicken hier in 100 Meter Tiefe. Gästeführerin Sylvia Kunz-Wagner vermittelt Spannendes zur Geschichte des 360 Meter langen Bauwerks, das seit 2015 den Tourismus der Region kräftig belebt, Einnahmen etwa durch Parkgebühren generiert und Arbeitsplätze geschaffen hat. Sie führt Besucherinnen und Besucher nicht nur auf der mittelschweren Geierlayschleife (6,4 Kilometer, 259 Meter Auf- und Abstieg) ab dem Besucherzentrum Mörsdorf (Kastellauner Straße 23; www.geierlay.de), sondern bietet Erlebnistouren an, etwa am dritten Advent mit Glühwein bei Lichterglanz (Anmeldung: Telefon 06762/9034080, 20 Euro pro Person).

Ein Reich für verstoßene Tiere

Lichterzauber und das Bellini-Varieté locken im Herbst und Winter zusätzlich in den Tier-Erlebnispark Bell. Hier haben der Schweizer Remo Müller, seine Familie und sein Team über 160 Tieren aus 42 Arten – darunter echte Exoten – ein Zuhause gegeben. Viele von ihnen haben bewegte Lebensgeschichten: Die Stachelschweine „Nala“ und „Simba“ etwa wurden illegal privat gehalten. Männliche Lemuren teilen sich im Hunsrück ein Freigehege, weil sie in einem Zoo von ihren Weibchen verstoßen wurden. Und mit den drei Giraffen „Lisa“, „Elli“ und „Ravenna“ zieht Safari-Feeling wie in Afrika ein – Füttern ist hier unter Aufsicht erlaubt. Die Tiere stammen aus dem Safaripark Stukenbrock, wo kein Platz mehr für sie war.

Lage und Tipps

  • Lage: Der Hunsrück ist ein Mittelgebirge in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Er erstreckt sich zwischen der Mosel im Norden und dem Rhein im Osten. Zu den bekannten Orten gehören Simmern-Rheinböllen, Kastellaun, Kirchberg und Emmelshausen.
  • Kontakt: Hunsrück-Touristik GmbH, Telefon 06543/507700, www.hunsruecktouristik.de, www.rlp-tourismus.de
  • Hoteltipps: Vier-Stern-Hotel Restaurant 2thHeimat, Am Kirschbaum 55-57, 54497 Morbach. Ein schickes und modernes Wohlfühlhotel mit hervorragender Küche in ruhiger Lage, nur 500 Meter entfernt vom Saar-Hunsrück-Steig. Einzelzimmer ab 89 Euro, Doppelzimmer ab 145 Euro (pro Zimmer). Vier-Stern-Landidyll-Hotel Birkenhof, Birkenweg 1, 55469 Klosterkumbd, www.landidyll-birkenhof.de. Das Haus für Genussurlaub mit Wellness sowie Tagungen ist bekannt für seine Martinsgans-Essen (mit Reservierung).
  • Outdoortipp: Im Nationalpark Hunsrück-Hochwald kann man auf drei Trekkingplattformen zelten. Zwei Zelte passen auf jede Plattform (15 Euro pro Plattform), die Komposttoilette ist nebenan.

Remo Müller hat für alle eine artgerechte Umgebung geschaffen, finanziert durch die Parkeintritte, Spenden und Tierpatenschaften. Der gelernte Koch und Tierpfleger vermittelt kleinen und großen Gästen wertvolles Wissen rund um die Tiere, bietet Tierbegegnungen mit Erlebnisfütterungen und Trainings an, bei denen jedes Tier selbst entscheidet, ob es mitmachen möchte. Das Konzept ergänzen ein Restaurant mit veganen Speisen und Übernachtungsmöglichkeiten. Geplant ist außerdem eine Eventhalle an der Peripherie des Parks, „wo der Sonnenuntergang über dem Hunsrück besonders schön zu erleben ist“, so Müller. Er möchte für die Herausforderungen unserer Zeit sensibilisieren – sei es im Hinblick auf bedrohte Tierarten oder die Gefahren für Natur und Umwelt. Im Tier-Erlebnispark Bell entsteht so Bewusstsein für die Verantwortung, die jeder Mensch gegenüber seinem Lebensraum trägt – damit Natur eben einfach Natur bleiben kann, im Hunsrück oder anderswo auf der Welt.

Warum Afrika, wenn es Giraffen auch im Hunsrück gibt? Im Tier-Erlebnispark Bell können Gäste die Riesen das ganze Jahr über treffen und sogar füttern. © D. Barchet

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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