Ludwigshafen. Himbeeren, so weit das Auge reicht, wachsen im Tunnelsystem von Peter Fehmel. In Dutzenden Zelten auf Maudacher Gemarkung sorgen überspannte Edelstahlbögen für den notwendigen Schutz der empfindlichen Beerenfrucht. „Wir leben hier im Kalifornien Deutschlands“, gibt der 63-jährige Landwirt mit Blick auf die besonderen klimatischen Bedingungen zu bedenken, die in der warmen und trockenen Vorderpfalz herrschen. Dadurch, dass die Tunnel mit lichtdurchlässiger Folie ummantelt sind, kann ein Teil der schädlichen UV-Strahlen absorbiert werden.
Neben der „kontrollierten Sonneneinstrahlung“ ist die Unabhängigkeit von Witterungseinflüssen wie Starkregen, Frost und Hagel ein weiterer Vorteil des sogenannten geschützten Anbaus. Über Schläuche werden die Pflanzen mit Wasser und Düngemittel versorgt. Schon die Eltern von Peter Fehmel kamen aus der Landwirtschaft. Er selbst hat den in Mutterstadt ansässigen Vollerwerbsbetrieb 1981 übernommen. Gestartet mit 35 Hektar bewirtschafteter Fläche sind es heute rund 250, wovon ihm ein Drittel gehört. Die Sortenvielfalt auf seinen Feldern reicht von Kohlrabi über Bundzwiebeln, Minigurken, Tomaten, Petersilie, Feldsalat bis zum Rhabarber.
Auf die Himbeere brachte ihn 1995 ein Kunde. „Erste Tunnel waren damals vorhanden“, erzählt Fehmel, woraufhin er mit dem Anbau auf zunächst 2500 Quadratmetern begann. Ein Meilenstein war die Errichtung des Gewächshauses in Mutterstadt im Jahr 2012 – mit gewaltigen Abmessungen. „3,3 Hektar Himbeeren werden hier kultiviert“, berichtet Fehmel, der damit die größte Himbeerplantage der Pfalz unterhält. In langen, begehbaren Reihen entfalten die von Netzen gestützten 2,50 Meter hohen Pflanzen ihre Pracht. Zur Befruchtung dienen Hummeln, die in Kartons mit jeweils 25 Artgenossen leben. „Sie sind meine besten Mitarbeiter“, lobt der Gemüsebauer den Arbeitseifer der nützlichen Insekten. In den Tunnelsystemen kommen Wildbienen zum Einsatz. Erntezeit ist von Ende Mai bis September. Aufgrund des langanhaltend kühlen und regnerischen Wetters ist in diesem Jahr mit einer Verzögerung von zwei bis drei Wochen zu rechnen.
Um den 12. Juni soll es soweit sein. Regel Nummer eins für den Landwirt: „Man muss die Beeren in hellrotem Zustand pflücken!“ Dies ist dann der Fall, wenn sie sich leicht vom Strauch lösen lassen und der typische Himbeerduft in die Nase zieht. Die Arbeit mit der süßen, kalorienarmen Frucht ist allerdings personalintensiv. Vom Heranziehen der jungen Pflanzen auf einem Biosubstrat über den Erntevorgang bis zum Ersetzen durch neue Sträucher ist immer etwas zu tun. Um seinen Slogan „Ackern mit Leidenschaft“ verwirklichen zu können, beschäftigt Peter Fehmel daher 60 fest angestellte und mehrere Hundert Saisonarbeiter. Die meisten stammen aus Rumänien und Ungarn.
„Während der Corona-Zeit gingen die Sonntagsausflüge nach Eindhoven und Baden-Baden“, scherzt der dreifache Familienvater. Über die dortigen Flughäfen konnten die Hilfskräfte von Osteuropa in die Pfalz gelangen, während andernorts hygienebedingt geschlossen war. Neben Ehefrau Heike, die eine eigene Manufaktur betreibt und unter anderem Zwetschgenmarmelade verkauft, spielt in Fehmels Landwirtschaftsbetrieb Sohn Jochen die Hauptrolle. Auch wenn der studierte Betriebswirt keine gärtnerische Ausbildung absolviert hat, so ist der 39-Jährige für sämtliche organisatorischen und kaufmännischen Fragen zuständig. Weil er den Hof einmal übernehmen will, steht ihm schon jetzt ein Vorarbeiter mit landwirtschaftlichem Know-How zur Seite.
Dass der Betrieb von Generation zu Generation weitergeführt wird, ist keineswegs selbstverständlich. „Noch vor zehn Jahren gab es in Mutterstadt 40 Vollerwerbsbetriebe“, weiß Peter Fehmel. Aktuell seien es nur noch vier. Dumpingpreise sowie ein immer höheres Maß an Auflagen und Zertifizierungen brächten viele Bauern zur Aufgabe. In Fehmels Familie scheint die Leidenschaft für die Landwirtschaft jedoch ungebrochen. Damit die Beerenfrucht künftig in einer separaten Halle aufbereitet werden kann, ist bereits ein Bauantrag gestellt. Die Ernte der kommenden Wochen und Monate wird wie immer im Lebensmitteleinzelhandel ihre Abnehmer finden. Dann werden auch wieder die Betreiber der Hofläden bei Peter Fehmel aufschlagen, um die gefragten „Pfalzbeeren“ zu erwerben – „fruchtig, frisch und aus der Region“.