Eine fast vergessene Leibspeise

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Die Kochpsychiater wagen sich diese Woche an ein altes schwäbisches Leibgericht: Wurstknöpfle.

© Kochpsychiater.de

Maultaschen, Spätzle, Schupfnudeln. Fast jeder kennt die schwäbischen Klassiker. Wir haben heute für euch eine alte schwäbische Leibspeise, die kaum noch jemand kennt...

Die Kochpsychiater

Wir heißen Birgitt und Michael (Bild: Kochpsychiater), leben in Baden-Württemberg und sind im echten Leben keine Psychiater.

Seit mehr als 40 Jahren backen und kochen wir schon - nicht beruflich, sondern privat.

In der Blogger-Welt wechseln wir aber die Identität und führen unseren Blog als "Herr und Frau Doktor mit eigener Küchen-Praxis".

Sind wir ein bisschen durchgeknallt? Vielleicht! Aber "normale" Foodblogs gibt es schließlich wie Sand am Meer.

Wurstknöpfle - schon der Klang des Wortes hört sich nach schwäbischer Gemütlichkeit an. Und so kommen sie auch daher: umhüllt von würzig, duftender Bratensoße und in Begleitung eines Kartoffelsalates oder lecker geröstet mit Ei und gemischtem Salat oder dampfend auf Kraut.

Früher war das Wurstknöpfle die samstägliche Leibspeise im Schwabenland. Ein einfaches schwäbisches Gericht. Trotzdem erforderte es Geschick und Küchenerfahrung. Und heute? Fragt man die "jungen Schwaben", dann schaut man meist in erstaunte Gesichter, die eine Antwort schuldig bleiben. Anders bei der Ü 70-Generation. Bei dieser Frage leuchten plötzlich die Augen, und spontane Liebeserklärungen an's Knöpfle und Erinnerungen an Mutters Küche sprudeln nur noch so aus den Leuten.

Und wie das bei Leibspeisen oft so ist, hatte früher jede Familie ihr ureigenes Wurstknöpfle-Rezept. Originelle und zahlreiche Geschmacksvarianten sind entstanden. So unterschiedlich wie Regionen und Menschen im Schwabenländle eben.

Was also ist denn jetzt ein Wurstknöpfle und wie sieht es aus? Lasst euch nicht irritieren von der schwäbischen Verniedlichungsform. Eigentlich müssten sie Wurstknopf heißen, denn klein sind sie wahrlich nicht. Aber das "le" am Ende spielt hier nicht auf die Größe an, sondern auf die Liebe. Bei der Zubereitung erinnert das Vorgehen stark an einen Spätzleteig. Dann kommen aber in Milch eingeweichte Brötchen vom Vortag dazu und fein geschnittene Wurst. Bei der Wurst greift der Schwabe natürlich auch zu seinen typischen Sorten: Schinkenwurst und Peitschenstecken/Landjäger. Bei der Schinkenwurst ist auf jeden Fall darauf zu achten, dass es eine gerauchte Schinkenwurst ist!

Mit diesen Zutaten verändert sich der Teig und wird so fest, dass er mit zwei Löffeln abgestochen werden kann. Übung macht auch hier den Meister. Das soll euch aber nicht abhalten, diese urschwäbische Köstlichkeit auszuprobieren! Nehmt euch Zeit dafür - es lohnt sich!

Und sollte wieder Erwarten einmal etwas übrig bleiben, dann hat die schwäbische Sparsamkeitstugend auch dafür eine super Verwendung gefunden: Am nächsten Tag oder ein paar Tage später werden die Knöpfle in Scheiben geschnitten, in der Pfanne angeröstet, ein Ei darüber geschlagen und mit einem bunten Salat serviert. Und schon steht ein leckeres Restessen auf dem Tisch.

Jetzt aber ran an die Kochtöpfe: Zuerst 300 Gramm gerauchte Schinkenwurst oder Landjäger von der äußeren Haut befreien und in kleine Würfel schneiden. Eine Zwiebel und ein Bund Petersilie fein hacken und in einer Pfanne mit Butter andämpfen. Darauf achten, dass die Zwiebeln nicht braun werden! Etwas Salz und Zucker dazu und einige Minuten weiter dämpfen. Wurstwürfel dazu geben und 5 Minuten mitdämpfen. Vier Brötchen vom Vortag in kleine Würfel schneiden und mit 250 Milliliter heißer Milch übergießen. Alles gut vermengen und 10 Minuten quellen lassen. Nun zu den eingeweichten Brötchen die Wurst, vier Eier, 250 Gramm Mehl sowie Muskatnuss, Salz, Pfeffer und Zucker geben und alles gut vermengen. Die schwäbische Haufrau nimmt dazu die Hand. Wem das zu "schmierig" ist, nimmt einen großen Holzlöffel. Mit der Hand vermengt, merkt man allerdings besser, ob dem Teig eventuell noch etwas Mehl fehlt, die Konsistenz zum Abstechen später also stimmt. Anschließend noch einmal abschmecken.

Mit zwei Esslöffeln Nocken abstechen und in einen Topf mit kochendem Salzwasser gleiten lassen. Die Wurstknöpfle zehn Minuten bei mittlerer Hitze köcheln lassen. Anschließend mit einer leckeren Bratensoße und geschmelzten Zwiebeln und Kartoffelsalat servieren.

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