Tanz

Vielfalt und Innovation bei „Freier Tanz im Delta“ in Mannheim

Das Festival „Freier Tanz im Delta“ im Felina-Theater Mannheim bietet künstlerische Freiheit und Vielfalt.

Von 
Ute Maag
Lesedauer: 
Kämpfen, Fliehen und Erstarren: Szene aus den "Paper Tigers" von Matthew Tusa aus Wiesbaden, die beim „Freien Tanz im Delta“ am 12. September 2025 in Mannheim gezeigt wurden. © Günter Krämmer

Mannheim. Das Wörtchen „Frei“ ist hier gleich in mehrerer Hinsicht wörtlich zu nehmen. Beim Festival „Freier Tanz im Delta“ zeigen großteils freischaffende Künstlerinnen und Künstler aktuelle Arbeiten. In der Gestaltung der rund fünf- bis zwölfminütigen Stücke lässt Initiator Sascha Koal ihnen größtmögliche Freiheit.

2010 hatte der Leiter des Felina-Theaters in der Mannheimer Neckarstadt das kleine, feine Format ins Leben gerufen, um der hiesigen Tanzszene einen kreativen Schub zu verleihen und die Akteure untereinander besser zu vernetzen. Eineinhalb Jahrzehnte später ist aus der Idee ein überregional beachtetes Schaufenster geworden, in dem sich Newcomer und Etablierte, Absolventen klassischer Akademien und freier Tanzschulen, Breakdancer und Performer aus der Welt des zeitgenössischen Tanzes mit Begeisterung bewegen. Vor ihnen versammelt sich eine stetig wachsende, interessierte Fangemeinde zuverlässig – bereit, sich überraschen zu lassen.

Freier Tanz im Delta

  • Bei der 14. Auflage des Festivals „Freier Tanz im Delta“ präsentieren an vier Abenden insgesamt rund 70 Choreographen und Tänzer aus der Region sowie internationale Gäste kurze Stücke.
  • Beim zweiten Abend im Felina-Theater am 18. und 20. September sind Choreografien u.a. von Christina Liakopoloy, Martina Martìn und Mike Planz zu sehen.
  • Am dritten Abend (25. und 27. September) sind auch Akteure des Mannheimer Nationaltheaters dabei.
  • Der vierte Abend mit Stücken u.a. von Jonas Frey, David Kwiek und Richard Oberscheven beschließt das Festival am 2. und 4. Oktober.
  • Tickets kosten 15 Euro (ermäßigt 8 Euro), weitere Informationen: www.theater-felina.de

Von zwei Wochenenden zu Beginn ist das Programm gewachsen auf vier Abende, die sinnvollerweise zweimal gezeigt werden. Längst befruchten Tanzschaffende aus Mannheim, Heidelberg und von außerhalb sich gegenseitig. Inhaltlich und stilistisch bleibt „Freier Tanz im Delta“ aber auch bei seiner 14. Auflage eine Wundertüte, wie sich gleich am ersten Abend zeigt. Angekündigt sind neun kleine Formate, darunter fünf Premieren.

Die choreografischen Handschriften, Tanzsprachen und das Bewegungsvokabular könnten unterschiedlicher nicht sein. Den Auftakt bestreiten mehrere Absolventinnen der Dance Professional Mannheim: Samira Haag spielt in ihrem Duett „Sein lassen“ für die beiden Tänzerinnen Doris Lingenau und Pia Weihe mit Schattenrissen. Lingenau ihrerseits hat ein Solo für Clara Baumann über Liebe und Besessenheit geschaffen. Joelina Rietsche tanzt gemeinsam mit der erstmals beim Festival vertretenen Stuttgarterin Jasmin Kugel zur Musik von Paul-Aaron Wolf.

Preisgekröntes im Felina-Theater: Teresa Curottis Solo „Johnny sees from Above“ beim „Freier Tanz im Delta“. © Günter Krämmer

Höchst eindringlich ist das Solo der seit 2019 in Deutschland lebenden Israelin Bar Gonen: „Elusive Matter“ verbindet das Trauma des Massakers der Hamas in Israel mit der Hoffnung auf Freiheit und der Suche nach Mitgefühl. Mit einem ironischen Augenzwinkern entlässt Seung Hwan Lee das Publikum in die Pause: Sein „Masturpiece“ entpuppt sich, fantastisch mit den Mitteln des Urban Dance umgesetzt, als Auseinandersetzung mit dem Sinn von Kunst und der Frage, wem sie mehr dient – dem Künstler oder dem Publikum.

Wie Seung Hwan Lee arbeitet auch die Französin Enora Gemin regelmäßig mit Éric Trottier und dessen Mannheimer Tanzcollektiv zusammen. Im Felina-Theater zeigt sie ihr Solo „Jardin sous l’eau“, mit dem sie im vergangenen Jahr den Choreografie-Wettbewerb beim Internationalen Tanztheaterfestival in Erfurt gewann. Eingebettet in eine faszinierende Klanglandschaft des Komponisten Christian Zanesi interpretiert sie in fließend über den schwarzen Tanzboden gleitenden Bewegungen den Mythos der Meerjungfrau neu – als radikale Rückeroberung des weiblichen Körpers.

Tanzkunst zwischen Wildheit und Angstbewältigung

Ebenfalls preisgekrönt ist Teresa Curottis Solo „Johnny sees from Above“, das die Absolventin der Mannheimer Akademie des Tanzes beeindruckend wild und mit unglaublich schnellen Körperbewegungen performt. „Paper Tigers“ von Matthew Tusa aus Wiesbaden, der dem „Freien Tanz im Delta“ seit seinen Anfängen verbunden ist, ist da nur ein weiterer Höhepunkt: Gemeinsam mit Ioulia Kokkokiou, Verena Wilhelm und Anton Rudakov untersucht er, wie Angst und die Überlebensreflexe Kämpfen, Fliehen und Erstarren Beziehungen zwischen Individuen unmöglich machen.

Fortgesetzt wird das Festival noch bis zum 4. Oktober mit drei weiteren Abenden, die jeweils donnerstags (19 Uhr) und samstags (18 Uhr) gezeigt werden. Mit von der Partie sind am 19. und 21. September Amelia Eisen sowie Martina Martìn, die mit Marina Capel Dorado aus Barcelona ein Duett zeigen wird. Am dritten Abend (25. und 27. September) tanzt Veronika Kornova-Cardizzaro, früher Mitglied des Ensembles am Mannheimer Nationaltheater, ein Solo von Charlotte Fenn. Ihre damalige Kollegin Zoulfia Choniiazova choreographiert ein Duett für die aktuellen NTM-Tänzer Anna Zardi und Nicola Prato. Luches Huddleston jr., Gründer des Performance-Studios am NTM, hat mit sieben Talenten der Region ein großes Stück einstudiert. Am vierten Abend (2. und 4. Oktober) sind in Jonas Frey und David Kwiek Größen der Urban-Dance Szene sowie der Frankfurter Richard Oberscheven mit von der Partie.

Autor

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke