Filmfest Venedig - Jury zeichnet Spielfilm „Nomadland“ von Chinesin Chloé Zhao aus / Vorsitzende Cate Blanchett lobt Organisation

Viel Hoffnung für die Zukunft

Von 
Aliki Nassoufis
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Erfolgreiche Frauen: Die Britin Vanessa Kirby (Bild) wurde für ihr Spiel im Drama „Pieces of a Woman“ vom Filmfestival Venedig als beste Darstellerin ausgezeichnet. „Nomadland“, der beste Film, stammt von der chinesischen Regisseurin Chloé Zhao. © dpa

Eine junge Regisseurin aus China hat bei den Internationalen Filmfestspielen Venedig Geschichte geschrieben: Das US-Drama „Nomadland“ der in Peking geborenen Chloé Zhao hat am Samstag den Goldenen Löwen für den besten Film gewonnen. Es ist das erst fünfte Mal seit 1949, dass der Hauptpreis des Festivals an das Werk einer Regisseurin geht. Sofia Coppola war 2010 die bisher letzte Frau, die mit ihrem Drama „Somewhere“ gewann.

Margarethe von Trotta 1981 erste weibliche Preisträgerin

  • Der Goldene Löwe für den besten Film ist die höchste Auszeichnung der Internationalen Filmfestspiele Venedig. Er wird seit 1949 verliehen. Seitdem ging er an fünf Filme, bei denen eine Frau Regie führte:
  • 1981 für „Die bleierne Zeit“ von der Deutschen Margarethe von Trotta.
  • 1985 für „Vogelfrei“ von der Französin Agnès Varda.
  • 2001 für „Monsoon Wedding“ von der Inderin Mira Nair.
  • 2010 für „Somewhere“ von der US-Amerikanerin Sofia Coppola.
  • 2020 für „Nomadland“ von der Chinesin Chloé Zhao.
  • Zhaos „Nomadland“ folgt in der Liste der ausgezeichneten Filme auf Todd Phillips „Joker“, der 2019 den Goldenen Löwen gewann. (dpa/seko)

In ihrem Spielfilm „Nomadland“ erzählt die 38 Jahre alte Zhao von einer Frau, die nach dem wirtschaftlichen Kollaps einer kleinen Stadt in Nevada ihre Sachen in ihr Auto packt und als Nomadin lebt. In der Hauptrolle als Fern ist Oscarpreisträgerin Frances McDormand („Fargo“, „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“) zu sehen.

„Wir können die Dinge nicht nur aus einer Perspektive sehen“, sagte Zhao über die Wichtigkeit von Filmemacherinnen. „Ich habe viel Hoffnung für die Zukunft – für mehr Regisseurinnen.“ Wegen der Pandemie konnte Zhao nicht nach Venedig reisen und wurde online zugeschaltet. Im Festivalprogramm hatte sie vorab erklärt, sie selbst sei in Städten in China und England aufgewachsen und habe sich von weiten Straßen schon immer angezogen gefühlt. „Eine Idee, die ich als typisch amerikanisch empfinde – die endlose Suche nach dem, was jenseits des Horizonts liegt.“

Deutsche Beiträge gehen leer aus

Die deutschen Hoffnungen wurden dagegen enttäuscht: Das Politdrama „Und morgen die ganze Welt“ von Julia von Heinz über eine junge, linke Aktivistin ging leer aus – genauso wie die deutschen Koproduktionen „Quo vadis, Aida?“ der in Berlin lebenden Regisseurin Jasmila Zbanic über das Massaker in Srebrenica sowie die Gesellschaftssatire „Never Gonna Snow Again“ der polnischen Regisseure Malgorzata Szumowska und Michal Englert.

Der Große Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung, ging an „Nuevo orden“. Der mexikanische Regisseur Michel Franco entwirft darin ein düsteres Bild seines Landes und fokussiert die Kluft zwischen Arm und Reich.

Als beste Schauspielerin ehrte die Jury die Britin Vanessa Kirby für „Pieces of a Woman“. Im Drama des Ungarn Kornél Mundruczó spielt sie eine Frau, die ihr Kind Momente nach der Geburt verliert. Die Auszeichnung für den besten Schauspieler ging an den Italiener Pierfrancesco Favino für seine Leistung in „Padrenostro“, das von einer traumatischen Kindheit im Italien der 70er Jahre erzählt.

Mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie wurde der Japaner Kiyoshi Kurosawa für das Drama „Spy no Tsuma (Wife of a Spy)“ geehrt. Den Preis für das beste Drehbuch bekam der Inder Chaitanya Tamhane für „The Disciple“ über einen jungen Musiker.

In diesem Jahr konkurrierten 18 Beiträge um die Hauptpreise. Die Auszeichnungen wurden von einer Jury unter Vorsitz der Schauspielerin Cate Blanchett vergeben. Zur Jury gehörte auch der deutsche Regisseur und Träger des Schillerpreises der Stadt Mannheim, Christian Petzold.

Erste Festspiele seit Corona

Das Festival ist das älteste der Welt. Es war außerdem das erste der weltweit großen, das seit Beginn der Pandemie wie geplant stattfand. Blanchett lobte die Organisation. Es sei alles reibungslos gelaufen, auch an das Tragen der Masken habe man sich gewöhnt. „Eine gute Diskussion ist eine gute Diskussion – mit Maske oder ohne“, sagte sie über die Gespräche der Jury. 

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