Kabarett

Satiriker in Vollendung: Olaf Schubert im Mannheimer Capitol

Olaf Schubert beweist bei seinem Programm "Zeit für Rebellen" im Mannheimer Capitol, dass der Humor immer gewinnt. So unanständig es bisweilen auch werden mag

Von 
Markus Mertens
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Olaf Schubert begeistert ein ausverkauftes Capitol in Mannheim mit seinem Programm „Zeit für Rebellen“. © Markus Mertens

Mannheim. „Ich gehe gegen den Strom, da kann man am besten laufen“, wird Michael Haubold im Gespräch mit dieser Redaktion nach seinem jüngsten Mannheimer Gastspiel witzeln, vielsagend lächeln - und damit einen Abend krönen, an dem das Capitol der Quadratestadt Kopf stand.

Mit der rheotischen Keule

Denn Haubolds Kultfigur Olaf Schubert erobert sich ein ausverkauftes Haus nicht einfach aus der Popularität heraus, die das selbsternannte Wunder im Pullunder durch die nationale Präsenz in den letzten knapp 15 Jahren ohnehin genießt: Die Pointen sitzen, beißen und polarisieren. Das beginnt schon bei der Debatte zum Thema Mindestlohn. Als Paketfahrer mit 1200 Euro im Monat, so Schubert, könne man doch prima leben, „halt nicht in Deutschland, aber in der Mongolei - und zur Arbeit kann man ja schließlich pendeln!“ Noch Fragen? Oder gar Beschwerden? Bevor Finger in die Lüfte gehen: Sind wir doch froh, dass das Altertum und die Sklavenhaltung passé sind - da wurden klagende Angestellte kurzerhand mit in Pyramiden verbaut, „tragende Funktion“ inklusive.

Olaf Schubert

  • Olaf Schubert ist eine Kunstfigur des Dresdner Comedians und Musikers Michael Haubold.
  • Regionale Bekanntheit erlangte der Künstler ab seinem ersten Programm „Hier bin ich!“ bereits in den 1990er Jahren, bundesweite Anerkennung wurde ihm durch seine Auftritte im Quatsch Comedy Club, bei Night Wash oder der Heute-Show zuteil.
  • In der humoristischen Dokumentation Olaf Jagger in Koproduktion mit dem ZDF geht der 55-Jährige der Affäre seiner Mutter mit Mick Jagger nach und erzählt dabei eine Geschichte über Elternschaft, Ost, West und die Kunst der Recherche - Kinostart ist der 6. April. 

Wer die Faszination hinter diesem Humor verstehen will, muss sich eine Art der Dramaturgie zur Brust nehmen, die es vor Schubert bestenfalls bei Maddin Schneider zu erleben gab. Denn statt direkt und hart auf die Zwölf zu gehen, umkreist der Künstler seinen Zielgedanken leicht ratsuchend, manchmal gar verzettelt, um dann mit einer rhetorischen Keule aufzuwarten, die es an Schlagkraft keineswegs missen lässt. Als Schubert etwa den Zustand der deutschen Bundeswehr skizziert, ist das Urteil ebenso vernichtend wie unterhaltsam. Neben den Panzer-Umbauten samt Maxi Cosi-Beifahrersitz für frisch gebackene Soldatinnen-Mütter nimmt Schubert vor allem die Bedrohung eines russischen Einmarschs aufs Korn. Letztes Mittel dagegen? Polnische Straßenschilder in Richtung Bundesrepublik einfach umdrehen - dabei kann immerhin kein eigenes Material kaputtgehen.

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An der Grenze des guten Geschmacks

Der Tournee-Titel „Zeit für Rebellen“ passt spätestens da wie die Faust auf’s Auge. Denn Olaf Schubert präsentiert sich in der Tat als gerissener Aufklärer, der unangenehme Begebenheiten genau so aufbereitet, dass darüber herzlich gelacht werden darf - so unanständig es bisweilen auch werden mag. Burnout avanciert so zum „halbschwulen Nervenaua“, die Klima-Kleber zur „Generation Uhu“ und er selbst zum zupackenden Macher, bei dem ein Klaps auf den weiblichen Hintern kein Sexismus, sondern vielmehr eine „Huldigung des Bindegewebes“ darstellt. Vieles davon mag die Grenzen des guten Geschmacks ankratzen, die Balance hält Schubert jedoch fast ausnahmslos. Zu kippen droht die Stimmung nur an einer Stelle. Das Lob der katholischen Kirche für die Aktivisten von Fridays for Future daran festzumachen, dass man sich im Hause des Herren „mit Schülern und Schwänzen“ ja bestens auskenne, sorgt jedenfalls für Sekunden der Empörung - bis der Humor schließlich doch gewinnt.

Immer bereit, sich auch selbst aufs Korn zu nehmen

Die Kunst dahinter? Das unverkennbare Augenzwinkern des Satirikers, der nicht nur regional bestens orientiert (und damit neben den Mann- und Frauenheimern auch die „versprengten Ludwigshafener“ begrüßt), sondern auch jederzeit bereit ist, sich selbst aufs Korn zu nehmen.

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Womit auch Schuberts „Freunde“, Jochen Barkas und Herr Stephan, ins Spiel kommen, die nur als gern gehabte Personifikationen sämtlicher Negativbeispiele herhalten, sondern an Gitarre, Trompete und Mundharmonika auch für den musikalischen Drive des Abends sorgen. Ganz zur glänzenden Unterhaltung des ausverkauften Hauses, das etwa in „Plüsch statt Asphalt“ erleben darf, dass schändliche andere Jungs ihren Blick auf „Popoe“ warfen - klein Olaf spielte lieber „Oboe“. Ein Schubertscher Schweifreim, wie er im Buche steht. Und freilich eine willkommene Gelegenheit, bei den Geschlechtern für klare Fronten zu sorgen. Während er den Männern als staatliche Alternative zu Tinder & Co. ihr „Bundesamt für Männer und Sex“ (BUMS) zugesteht, rühmt er auch die Frau, die schon längst auf der Überholspur fährt, während der Herr auf der Keramik noch die eigene Bremsspur begutachtet. So ergibt sich das herrlich vollendete Bild eines Analytikers, der den Ernst so vieler Lagen zwar bestens verstanden, aber schlichtweg keine Lust darauf hat, sie allzu schwer zu nehmen.

Freier Autor