Eine der erfolgreichsten Mannheimer Musikerkarrieren beginnt mit einem Akkordeon. „Das hat mein Vater aus dem Krieg mitgebracht“, erinnert sich Roland Heck beim Gespräch in seinem Studio in Grasellenbach. Das bringt er als Kind nicht nur in der heimischen Küche zum Klingen: „An Fasnacht bin ich als Knirps mit meinem Kumpel, der zwei Topfdeckel dabei hatte, durch die Kneipen auf dem Waldhof gezogen. Da hieß es dann: ,Her, halt emol die Klapp’, lass’ de Klää mal spiele.’“
Aus Spaß wird Ernst: Zusammen mit seinem Kompagnon Gerd Köthe steigt der studierte Pianist Heck nach ihrer Zeit in der früheren Joy-Fleming-Band Joy Unlimited zu einem der erfolgreichsten Musikproduzenten-Duos der Republik auf. Beide sind bundesweit gefragte Studiomusiker, Heck ist ein herausragender Arrangeur, Köthe der große Kommunikator. Der Durchbruch: Aus ihrem Bandkollegen Hans Lingenfelder machen sie den Gitarrenstar Ricky King, der von 1976 bis 1988 zehn Platten in den Charts platziert – „und fünf bis sechs Millionen Alben verkauft“. Bis heute sind es für Roland Heck insgesamt über 14 Millionen Tonträger.
Das Erfolgsduo Roland Heck und Gerd Köthe
- Der Keyboarder, Komponist und Produzent Roland Heck wurde am 27. März 1943 in Mannheim geboren. Er wuchs auf dem Waldhof auf und lebt heute in Grasellenbach im Odenwald.
- Neben dem Studium an der Musikhochhochschule spielte er in den 60er Jahren in diversen Mannheimer US-Clubs. So entstand 1966 Joy Flemings erste Band Joy & The Hit Kids.
- Daraus entwickelte sich 1969 Joy Unlimited (JU, ab 1971 mit Ken Taylor statt Joy Fleming), die auf Progressive Rock setzten und sogar für das Nationaltheater schrieben.
- 1970 stieß der Flötist und Saxofonist Gerd Köthe (1943 bis 2014) zu Joy Unlimited. Das Duo Heck/Köthe avancierte ab 1976 zu den erfolgreichsten Plattenproduzenten der Republik. Zunächst durch JU-Gitarrist Hans Lingenfelder, den sie zu Ricky King formten.
- Noch größere Erfolge feierten sie ab 1982 mit Wagner-Tenor Peter Hofmann als Rocksänger („Rock-Classics“) und Paola („Blue Bayou“, 1978). Außerdem arbeiteten sie u.a. mit Peter Alexander, Ivan Rebroff, Daliah Lavi, Deborah Sasson, Gunther Emmerlich oder Siegfried Jerusalem. (jpk)
Dieter Bohlens erstes Gold
Eine der zahllosen Anekdoten, die Heck zum Besten gibt, handelt von Dieter Bohlens erster Goldener Schallplatte: „Der Bohlen hat mich zugeknallt mit Demos. Eine ganze Kiste habe ich da noch – fürchterlich! Trotzdem hatten die Nummern immer einen Hook“ (einen eingängigen Refrain). 1982 fiel ihm Bohlens „Halé, hey Louise“ auf: „Das war sehr kommerziell, und ging als Single gut ab. Deshalb haben wir ihn eingeladen, als es für das Album ,Happy Guitar Dancing’ Gold gab.“ Andere Geschichten drehen sich um die beeindruckende Professionalität von Peter Alexander (1926-2011) im Studio – und um Peter Hofmann (1944-2010).
Der blond gelockte Opernsänger ist Anfang der 80er Jahre einer der größten Wagner-Interpreten, als Heck von dessen Affinität zum Pop erfährt. Die ursprüngliche Idee, ihn Schlager à la „La Paloma“ singen zu lassen, verwirft er deshalb: „Da bekommen die Omas ja Angst. Wir haben ihn dann Rockballaden in seinem Stil singen lassen, dazu ein fettes Orchester.“ Das Ausmaß des Erfolges von „Rock Classics“ (1982) hat selbst Heck/Köthe überrascht: „Das war ein Phänomen. Was wir da verkauft haben, 30 000 Platten am Tag – das ist heute unvorstellbar!“
So etwas hat der junge Heck noch nicht im Sinn, als er Klavierspielen lernt und in Bands spielt. Er lässt sich faszinieren von den Harmoniekenntnissen des Jazzgitarristen Werner „Emmes“ Pöhlert, der in Mannheim mehr als eine Musikergeneration geprägt hat – „da wurde mir klar: Das will ich beruflich machen.“ Neben dem Klavier-Studium an der Musikhochschule spielt er in den Clubs der US-Armee. „Das waren Monatsengagements, der Dollar stand gut – davon konnte man super leben.“
Der Rest ist regionale Rockgeschichte, um 1965 stellt einer der Club-Betreiber Heck und Co. „die Erna“ vor: Die spätere Joy Fleming fegt mit ihrer Stimme jede Skepsis weg. „Das war eine Urgewalt! Ich habe nie mehr so eine Begabung gesehen.“ So entsteht die Beat- und Rockband Joy & The Hit Kids mit Klaus Nagel (Gitarre), Albin Metz (Bass, Trompete), Hans W. Herkenne (Schlagzeug) und Dieter Kindl (Bass, Gitarre), aus der 1969 die ambitionierte Formation Joy Unlimited hervorgeht. Der Tod der Sängerin Ende September hat ihn bestürzt – auch weil es Heck in den Fingern gejuckt hat, das Potenzial dieser großen Stimme als Produzent auszureizen. „Aber es war schwierig mit der Erna, obwohl wir immer Kontakt hatten und sie mir noch zuletzt Musik geschickt hat.“
Platte mit Tenor Klaus Florian Vogt
Und was macht Roland Heck heute, gut vier Jahre nach dem Tod seines kongenialen Partners Köthe? „Ich arbeite immer noch mit sehr viel Spaß, natürlich nicht mehr so intensiv wie die Jahre vorher.“ Doch es bahnt sich die Fortsetzung seiner Erfolgsgeschichte an: Mit dem weltweit gefragten Wagner-Tenor Klaus Florian Vogt soll im Odenwald eine CD produziert werden. „Das wird konzeptionell ähnlich wie die Rock-trifft-Klassik-Sache mit Peter Hofmann, allerdings mit aktualisiertem Repertoire“, berichtet der Produzent.
Das Problem: „Der Klaus ist wahnsinnig viel unterwegs, bis Ende Februar an der New Yorker Met.“ Der norddeutsche Star und Hobbyflieger lässt sich den Spaß nicht nehmen, bei jeder Gelegenheit persönlich in Hecks Studio aufzunehmen: „Er fliegt mit seiner Maschine nach Michelstadt oder Egelsbach und wir arbeiten zwei, drei Tage.“ Im Herbst 2018 könnte die erste Platte bei Universal erscheinen.
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