Rudi Baerwind wurde am 11. Februar 1910 in Mannheim geboren. Nachdem eines seiner Gemälde in Mannheim in den dreißiger Jahren als entartet gebrandmarkt und entfernt wurde, verließ er Deutschland und ging nach Paris, der Stadt, mit der er, neben Mannheim, ein Leben lang verbunden blieb. Vor der Okkupation von Frankreich durch Nazi-Deutschland im Jahr 1940 arbeitete Baerwind unter anderem in der Werkstadt von Fernand Legér, dessen Einfluss auch noch im Spätwerk nachzuweisen ist. Als Paris besetzt wurde, schickten die Nazis ihn an die Ostfront. Die Schrecken des Krieges prägten Baerwinds Persönlichkeit im Guten wie im Schlechten. In ihm nur die Lichtgestalt zu sehen, wäre verfehlt. Die Spuren von Zerstörung, bis hin zur Selbstzerstörung, begleiteten ihn ein Leben lang. In einem Film, der aus Anlass seines sechzigsten Geburtstags von dem Mannheimer Filmemacher Eberhardt Fingado gedreht wurde, erzählt der Künstler in eindringlichen Worten von brennenden Dörfern und schreienden Menschen, Szenen, die er nach seiner Rückkehr aus Russland in eindringlichen Bildern verarbeitete. 1944 war er in sowjetische Gefangenschaft geraten, konnte aber fliehen. So war er bereits Ende 1945 wieder in Mannheim.
Im Jahr 1948 fand in der Mannheimer Galerie Günther, die von Baerwind mitbegründet worden war, eine erste Kunstausstellung statt, wo neben Baerwind auch K.O. Götz ausstellte und so das breite Spektrum der unmittelbaren deutschen Nachkriegskunst gezeigt wurde. Im Katalog der Ausstellung ist Baerwind mit den Worten zitiert: „Die avantgardistischen künstlerischen Tendenzen unserer Epoche haben die Einheit Europas, ja die der Welt bereits vollzogen.“ Als großer europäischer Künstler war Baerwind auch in Frankreich anerkannt. Freundschaftlich war er mit Pierre Solange verbunden. Salvador Dalí hat er in dessen Rückzugsort Cadaqués besucht und von den Pariser Tachisten der vierziger Jahre lernte er eine ganze Menge, wie einige sehr delikate Papierarbeiten zeigen, die zurzeit in der Galerie Theuer und Scherr zu sehen sind. Diese Arbeiten, so die Kunsthistorikerin Ursula Dann, die bei der Vernissage in die Werke einführte, stammten aus den Jahren um 1960, als der Künstler, der seine Homosexualität offen lebte, dafür zwei Jahre ins Gefängnis musste. Theuer und Scherr, die den Nachlass des Künstlers betreuen, zeigen Arbeiten aus dem Besitz eines Sammlers. Neben den Zeichnungen sind das Großformate aus den frühen fünfziger Jahren, die zwischen Narrativ und Informel angesiedelt sind. Dazwischen sind auch einige Informelle Bilder zu sehen, bei denen sichtbar wird, wie offen der Künstler gegenüber allen Strömungen der zeitgenössischen Kunst gewesen war. Er kannte keine Tabus, weder in der Kunst noch im realen Leben.
Zu sehen bis Samstag, 27. November, in der Galerie Theuer und Scherr, Friedrichsplatz 19, Mannheim; Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag 10.30 bis 15 Uhr.