Kunsthalle - Rollenbilder im Wandel der Zeit

Mannheimer Kunsthalle zeigt ab 1. Oktober die große Ausstellung „Mutter!“

Von 
Thomas Groß
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Foto aus der Serie von Elina Brotherus. © Elina Brotherus/VG Bild-Kunst, Bonn 2021

Einem elementaren Themenfeld widmet dich die Mannheimer Kunsthalle ab kommende Woche in ihrer Herbstausstellung: Unter dem sprechenden Titel „Mutter!“ geht es um Fragen der biologischen Herkunft, um Vorstellungen und Ideale, vor allem aber um Rollenbilder im Wandel der Zeit. Und nicht allein künstlerische Fragen stehen im Zentrum, vielmehr soll die in Kooperation mit dem renommierten dänischen Louisiana Museum of Modern Art konzipierte Schau weit ins Gesellschaftliche ausgreifen, so umreißt Direktor Johan Holten im Gespräch mit dieser Redaktion die Absicht.

In Dänemark war die von Holten mitkuratierte Ausstellung zuerst zu sehen, sie sei gut besucht gewesen, sagt Holten. Für Mannheim werde nun manches übernommen, es kämen aber auch andere Exponate dazu. Geblieben ist der weite zeitliche Horizont, der am Beispiel der Gestaltungen von Fruchtbarkeitssymbolen bis in die Vorgeschichte zurückgeht. Und auch hier liegt der Schwerpunkt auf dem 20. und 21. Jahrhundert, jener Zeit also, in der sich durch die Frauenemanzipation auch das Bild und die Rolle der Mutter grundlegend verändert haben.

Holten möchte ein Angebot machen, „um in viele Richtungen zu denken“. Die Kunst soll dabei „ein Hilfsmittel sein, um sich über die Welt zu unterhalten“, wie er sagt. Und schon sie, die Kunst, wird in großer Vielfalt präsentiert. Madonnenbilder sind zu sehen, Werke von Egon Schiele, Pablo Picasso oder Paula Modersohn-Becker bis hin zu zeitgenössischen Arbeiten von Louise Bourgeois oder Yoko Ono. Am Anfang steht ein aktuelles Werk, das schon aus der Kunsthallen-Ausstellung „Umbruch“ bekannt ist und vom Museum angekauft wurde: In „Mother’s Legs“ (Mutters Beine) lässt Kaari Upson Latex-Abgüsse der Beine ihrer Mutter von der Decke baumeln und versetzt Betrachter in eine Kinderperspektive.

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Zwiespältigkeiten im Vordergrund

Je gegenwärtiger die Ansichten sind, umso mehr treten Zwiespältigkeiten in den Vordergrund: Elina Brotherus aus Estland ist mit einer autobiografischen Fotoserie vertreten, die ihre Auseinandersetzung mit dem unerfüllten eigenen Kinderwunsch dokumentiert, von dem sie sich schließlich lossagt und den sie als Fremderwartung entlarvt.

Auch historische Werke und Filme werden präsentiert, Zeitdokumente wie „Emma“-Hefte oder die Packung einer frühen Anti-Baby-Pille. Um möglichst viele thematische Facetten bemühen sich die Verantwortlichen. Normen und Erwartungen ändern sich bis in die jüngste Zeit, die in der Schau etwa auch am Beispiel von biotechnologischen Möglichkeiten und queeren Familienstrukturen repräsentiert werden.

Es geht um Kunst, sofern sie Mutterschaft spiegelt, gesellschaftliche Fragen stehen im Mittelpunkt der Schau im Erdgeschoss des Neubaus des Museums. 150 Objekte sollen zu sehen und zu erfahren, etwa 60 Künstler vertreten sein, die in verschiedenen Medien und Genres arbeiten. Vielfalt dürfte auch insofern garantiert sein. Den gesellschaftlichen Anspruch spiegelt schließlich auch das Begleitprogramm wider: Es ist laut Holten auf Mitwirkung und die Stadtgesellschaft ausgerichtet. Unter dem Titel „Familenzimmer“ haben an der „Einrichtung“ Mannheimer Initiativen mitgewirkt. Unter anderem sind dort Wiegenlieder in 13 Sprachen zu hören. 

Ab 1. Oktober in der Mannheimer Kunsthalle, Friedrichsplatz 4.

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.