Musiktheater - Loriots „Ring an einem Abend“ im Nationaltheater

Eine schrecklich nette Familie

Von 
Eckhard Britsch
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Ein Theaterabend kann sich auch bilden. So weiß Albrecht Puhlmann jetzt, dass es die Gemeinde „Fahrenbach“ gibt. Denn von dort kam Christian Voigt herbeigeeilt, um als „Siegfried“ im „Ring an einem Abend“ von Loriot (und Wagner) einzuspringen. Weil Roy Cornelius Smith einer Magen-Darm-Grippe wegen „nur“ den Siegmund schaffte, und man darf ihn und seine präsente, ausdrucksstarke Stimme dafür bewundern. Christian Voigt hingegen hat ein helleres, partiell auch schlankeres Timbre und heimste zu Recht viel Anerkennung ein. Voigt gilt als „Siegfried“-Spezialist zwischen Palermo und Freiburg.

Mannheim ist Wagner-Land. Den Welttheater-Marathon dampfte Loriot auf Anregung von Klaus Schultz 1992 für Mannheim auf dreieinhalb Stunden ein und würzt(e) die verwickelte Familiensaga um fehlbare Götter, Inzest, Geldgier, Macht, Mord, Fabelschwert und güldenen Wunderring mit geistreichen, witzigen und durchaus tiefgründigen Zwischentexten, wie etwa „Fasolt und Fafner – zwei Bauunternehmer mit Schuhgröße 58“. Erzähler Thomas Peters macht das sehr gut, weil in diskreter Modulation, und erweist damit Vicco von Bülow ebenso wie Bühnensessel seine Reverenz.

Prägnanz, Effekt

Aber die Besucher gehen natürlich nicht nur wegen der originellen Loriot-Fassung ins Nationaltheater, sondern um die Musik zu genießen. Da bietet das Haus allerhand, denn GMD Alexander Soddy setzt mit dem Nationaltheater-Orchester auf unmittelbare Wirkung, die allen ausschnittartigen Szenen viel Prägnanz und Effekte beimisst und die Sängerstabilität herausfordert. Da zeigt der hochdramatische Sopran von Elisabeth Teige als Brünnhilde prachtvoll-strahlendes Durchsetzungsvermögen, während Astrid Kessler (Sieglinde/Gutrune) ihren schillernden Figuren auch lyrische Färbungen unterlegt.

Überzeugende Männer: Thomas Jesatko (Wotan/Wanderer) mit rundem, attraktivem Bariton, Thomas Berau gibt Alberich/Gunter charaktervolle Zeichnung, Uwe Eikötter nuanciert Loge wie Mime und Patrick Zielke singt einen kernigen Hagen. Das riesige Personal vervollständigen Rita Kapfhammer, Amelia Scicolone, Natalja Cantrak, Estelle Kruger, Sandra Fechner, Marie-Belle Sandis, Martiniana Antonie und Sylvia Rena Ziegler, alle sehr gut disponiert. Viel Beifall, mit Bravos durchsetzt.

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