Liebes Corona-Tagebuch,
AUDIO: Corona-Tagebuch: Die Grenzen Europas
liebe Leserinnen und Leser,
heute möchte ich über Europa schreiben. Die Reisewarnung innerhalb Europas wird nun tatsächlich aufgehoben. Werden viele Menschen die offenen Grenzen passieren und reisen? Oder wird es wie bei den Cafés und Restaurants, wo trotz der Öffnung viele Gäste ausbleiben?
Ich sehe die Entscheidung kritisch, die Türkei außen vor zu lassen. Türkeistämmige sind die größte Minderheit in Deutschland. In den Nachrichten wurde berichtet, wie sich die dortige Tourismusbranche bemüht, den Hygienestandards gerecht zu werden. Daneben gibt es viele Menschen, deren Familien und Verwandte in der Türkei leben, vielleicht wird hier noch nachgebessert, die aktuellen Regelungen besagen ja, dass Ausnahmen möglich sind.
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Die vergangenen Wochen waren eine harte Probe für Europa. Unter der Beschwörung des historischen Friedensprojekts lauern die Nationalismen und scheinen nur auf ihren Einsatz zu warten, sich der gemeinsam erkämpften „Idee Europa“ entgegenzustellen. Am Anfang der Krise wurden sofort die Grenzen geschlossen. China half Italien mit Masken aus, nicht die europäischen Nachbaren. Als Europa zum Epizentrum der Pandemie wurde, zeigten sich die Schwächen dieses Kontinents und der Europäischen Union: Grenzen schließen, das eigene Land sichern. Nur, weil Europa die Krise durch den Lockdown schnell in den Griff bekam, blieb uns eine vollständige Demaskierung des Europäischen Zusammenhalts erspart.
Für einen Moment ging die Tür auf in eine Zeit, in der Europa nur national agierte. Das sollte eine Lektion gewesen sein, die daran erinnert, wie viel noch getan werden muss, um die gegenseitigen Abhängigkeiten besser zu verstehen. Warum sollte man von Deutschland aus den Griechen oder Italienern helfen? Das ist die falsche Frage. Die richtige ist: Wie können wir helfen und gerecht sein dabei?
Jede Hilfe ist in Europa auch eine Selbsthilfe. Trotz der Finanzkrise haben viele noch nicht verstanden, wie sehr sich die europäischen Länder gegenseitig brauchen. Am Mittwoch erst kam die Meldung, die deutschen Exporte seien eingebrochen wie seit 1950 nicht. Insbesondere die Exporte nach Frankreich, Italien und die USA brachen ein. Es sind Zeiten des Wiederaufbaus. Es wäre gut, sie so zu nutzen, dass wir den Kern Europas besser verstehen. Bleiben Sie gesund!
Jagoda Marinic
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