Kleinkunst

Christoph Sieber zeigt in Mannheim Kabarett mit Haltung

"Weitermachen!" heißt das neue Programm des Kabarettisten Christoph Sieber. Die feierte jetzt in der Mannheimer Klapsmühl' am Rathaus eine Vorpremiere. Warum Siebert die Bühne erstmal gleich wieder verließ

Von 
Martin Vögele
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Der Kabarettist Christoph Sieber zeigt in seinem neuen Programm „Weitermachen“, das er jetzt in Mannheim vorgestellt hat, klare Kante gegen rechts. © dpA

Mannheim. Der Kabarettist Christoph Siebert verlässt gleich zu Beginn noch einmal die Bühne. Der ihm bereitete Empfang in der Mannheimer Klapsmühl’ am Rathaus ist ihm einfach zu freudig gewesen. Motivierender wäre es, meint er, wenn das Publikum vielmehr „ein bisschen diese maue Stimmung“ im Land abbilden würde.

Christoph Siebert spielt Vorpremiere in der Mannheimer Klapsmühl

Beim zweiten Mal klappt’s dann deutlich besser (also schlechter), herzhafte Buhrufe eingeschlossen. Aber ist diese, gelinde gesagt, angespannte gesamtgesellschaftliche Gegenwart nicht eine fabelhafte Arbeitsgrundlage für seine Zunft? „,Herr Sieber, die Politik macht’s Ihnen aber auch momentan sehr leicht’ - das sagten die Leute ständig. Nun ja: Das hör’ ich jetzt seit 20 Jahren“, hält der Satiriker lakonisch fest.

Aber natürlich kann er bei der Vorpremiere seines neuen Bühnenprogramms „Weitermachen!“, das Sieber hier vor vollem Haus präsentiert, sehr wohl aus einer ergiebigen situativen wie personellen politischen Gemengelage schöpfen, Stichwort: Ampel. Von deren Protagonisten heiße es ständig, sie müssten jetzt über ihren Schatten springen, allerdings: „Wenn da Schatten wäre, müsste ja irgendwo Licht sein“, sieht Sieber ziemlich schwarz.

Aber was wäre denn die Alternative, der CDU-Vorsitzende vielleicht? „Wenn Friedrich Merz sagt, ich bin die Zukunft, sagt die Zukunft: Dann komme ich nicht!“ Sein Fazit: „Wir sind so richtig im Eimer, Freunde!“ Womit wir wieder beim Thema Stimmung wären, die hier im Saal weiterhin blendend ist.

"Weitermachen!":  Neues Programm von Christoph Siebert hat hohes Tempo

Der Humorist legt in seinem neuen Solo ein hohes Tempo vor, gibt sich streitbar und zwischenzeitlich ostentativ unkorrekt, um sich dann auf entschieden launige Weise von sich selbst zu distanzieren, schließlich weiß er: „Vor Humor wird inzwischen gewarnt“ - siehe die mit Gefahrenhinweis versehenen Otto-Filme. Sieber zeigt in „Weitermachen!“ die volle Bandbreite seines Fach, lässt Bühnenfiguren wie den eigenen lang verschollenen - und ihm beileibe nicht wohlgesonnenen - Bruder ebenso auftreten wie den schwäbischen Bäcker Häberle, für den ein Faxgerät der nächste Schritt ins digitale Zeitalter ist.

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Er singt zu eingespielter Musik oder begleitet sich selbst auf der Gitarre, nimmt eine Kladde zur Hand und trägt daraus in Poetry-Slam-Manier Texte und Gedichte vor. Was ihn insbesondere auszeichnet, ist, dass Sieber immer wieder vom humoristischen zum ernsten Ton wechselt, bisweilen auch in flammende Kritik an herrschenden Zuständen übergeht.

Etwa wenn er über unerfüllte Social-Media-Versprechen redet: „Es hat den Hass kultiviert, es hat die Demokratie untergraben“ oder zur AfD nicht schweigt: „Das Problem ist, dass ein Drittel der Bevölkerung bereit ist, Björn Höcke zu wählen, nicht obwohl er redet wie er redet, sondern weil er redet wie er redet“, meint er. „Und dass wir das verharmlosen, wenn wir sagen, ja, das ist halt Demokratie. Aber ein Faschist, der demokratisch gewählt ist, wird dadurch nicht zum Demokraten“, meint er. „Auch das muss uns klar sein.“

Klar ist auch: Hier haben wir es mit einem Kabarettisten zu tun, bei dem Humor und Haltung Hand in Hand gehen. In diesem Sinne: Weitermachen!

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