Die kleinen Livemusik-Spielstätten haben eine große Bedeutung für den Facettenreichtum und die Nachwuchsförderung der Kultur. Das ist das Ergebnis der ersten bundesweiten Club-Studie, die von der Initiative Musik – sie unterstützt im Auftrag der Bundesregierung die Musikwirtschaft – am Freitag bei einer Online-Präsentation vorgestellt wurde.
Nach Angaben von Projektleiter Heiko Rühl wurden rund 2000 Pop-, Jazz- und Techno-Clubs befragt. Die Hälfte habe eine Kapazität von bis zu 200 Personen. Die Clubs veranstalteten demnach vor Corona 190 000 Konzerte im Jahr, davon 75 000 Auftritte mit Nachwuchskünstlern.
Dem gegenüber stehe die oft bescheidene wirtschaftliche Situation der Club-Betreiber. Karsten Schölermann vom Bundesverband der Live-Spielstätten erklärte, das durchschnittliche Jahreseinkommen liege bei weniger als 18 000 Euro: „Da ist noch Luft nach oben.“
Umsatzrückgang von 65 Prozent
Die Studie beziffert den Jahresumsatz von 53 Prozent der Clubs auf bis zu 250 000 Euro. Die Corona-Krise habe zu einem Umsatzrückgang von 65 Prozent geführt, der Rückgang bei den Beschäftigten wird mit 75 Prozent veranschlagt. Gleichwohl hätten die Clubs zuvor jährlich 1,1 Milliarden Euro Umsatz erzielt und so „einen relevanten Beitrag zur Musikwirtschaft in Deutschland“ geleistet, betonte Ina Keßler, Geschäftsführerin der Initiative Musik.
Wie effektiv da gearbeitet werde, rechnete Schölermann vor. Im Schnitt erhalte jeder Club 9,8 Prozent seines Etats durch öffentliche Zuschüsse, zahle aber 23,9 Prozent für Künstlergagen. „Aus jedem Euro, den wir kriegen, machen wir 2,5 Euro. Das möchte ich mal bei einer Staatsoper sehen“, meinte er in seinem kämpferischen Redebeitrag.
Zwei Repräsentanten aus der Region zählten zum Beratungsgremium der Studie: Kulturmanagerin Yvonne Moissl aus Deidesheim, Veranstalterin des Palatia-Jazz-Festivals und Vorsitzende der Deutschen Jazz Föderation, sowie Thorsten Riehle, Geschäftsführer des Mannheimer Capitols und Mitglied im Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft.
Vor dem Hintergrund, dass 15 Prozent aller Clubbetreiber älter seien als 60 Jahre, wies Moissl auf den Generationswechsel hin, vor dem viele Jazzclubs stünden. Man müsse daher ein Hilfsprogramm initiieren. Aber auch die junge Szene gelte es zu unterstützen. So plane die Deutsche Jazz Förderation Tourneeprojekte für Nachwuchsbands.
Capitol-Chef Thorsten Riehle erklärte im Gespräch mit dieser Redaktion, die Club-Studie beweise „deutlich, dass Musikspielstätten einen großen Teil der kulturellen Vielfalt, auf die wir zu Recht stolz sind, in Deutschland abbilden“. Sie zeige aber auch, unter welch schwierigen Umständen Club-Betreiber als Kulturschaffende arbeiten müssten. Die Handlungsempfehlungen der Studie müssten in Land und Bund zu einer „erweiterten Sicht des Kulturbegriffs“ führen, forderte er.
Die Studie empfiehlt unter anderem, die wirtschaftliche Bedeutung der Club-Szene künftig besser wahrzunehmen und zu stärken. Es gelte, öffentliche Zuschüsse beizubehalten und neue Förder-Aspekte etwa für Schallschutz und Digitalisierung stärker zu berücksichtigen. Nicht zuletzt müssten die Förder-Ebenen (Bund, Land, Kommunen) einander angeglichen werden.
Info: Studie zum Download unter: initiative-musik.de/clubstudie/