Mannheim. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat in einem offenen Brief das Ausmaß des Radikalenerlasses in den 1970er-Jahren sehr bedauert. „Eine ganze Generation wurde unter Verdacht gestellt, das war falsch“, heißt es in dem Schreiben. „Einzelne mögen dann zu Recht sanktioniert worden sein, manche aber eben auch nicht. Sie haben zu Unrecht durch Gesinnungs-Anhörungen, Berufsverbote, langwierige Gerichtsverfahren, Diskriminierungen oder auch Arbeitslosigkeit Leid erlebt“, kritisierte Kretschmann.
Der Ministerpräsident zitierte in dem Schreiben ausführlich aus einer Studie des Heidelberger Historikers Edgar Wolfrum, der die Untersuchung im Auftrag der Landesregierung bereits im Mai 2022 vorgelegt hatte. Kretschmann äußerte sich aber erst am Donnerstag. Der Mannheimer Landtagsabgeordnete Boris Weirauch (SPD) bezeichnete die Stellungnahme als „überfällig“. Er sagte, Kretschmann habe die „richtigen Worte“ gefunden, forderte allerdings einen weiteren Schritt zur endgültigen Aufarbeitung. „Es muss auch die Frage einer Entschädigung geklärt werden“, so Weirauch.