Kürzlich gaben die beiden Germanistinnen Sonja Malzner und Anne Peiter einen Aufsatzband mit dem Titel „Der Träger. Zu einer,tragenden’ Figur der Kolonialgeschichte“ heraus. Sie erörterten darin die Frage, wie die in Dienst genommenen afrikanischen Lastenträger auch die Kultur und das Denken ihrer europäischen Auftraggeber übernahmen und auf ihren Touren sowie in ihren Heimatländern verbreiteten.
Dass Lastenträger zugleich auch Kulturträger sind, veranschaulicht passend dazu der neue Roman „Aus der Dunkelheit strahlendes Licht“ von Petina Gappah aus Simbabwe. Die Autorin, die eine Weile in Österreich lebte und lange als Anwältin für Handelsrecht in Genf arbeitete, war mit Erzählungen bekanntgeworden, die den Graubereich zwischen Recht und Unrecht ausloteten.
„Aus der Dunkelheit strahlendes Licht“ entstand während eines DAAD-Künstlerstipendiums Gappahs in Berlin. Der Titel spielt einerseits auf die Figur des Arztes und Forschungsreisenden David Livingstone an, der bei seinen Expeditionen auch Sklaven freikaufte, und andererseits auf das Leuchten des göttlichen Glaubens in einem Ort oder einer Zeit der Finsternis.
Held in Gappahs neuem Roman ist aber nicht Livingstone, sondern das sind seine langjährigen Begleiter, die nach Livingstones Tod im Jahr 1873 aus Loyalität beschließen, den Leichnam quer durch Zentralafrika an die Küste des Indischen Ozeans zu tragen. Und so erzählt Gappah zum einen aus Sicht von Livingstones Köchin vom Leben in den Lagern und vom Mitwirken der Lastenträger und ihrer Familien im Expeditionsalltag, zum anderen lässt sie einen afrikanischen Expeditionsgeistlichen in Tagebuchform die Rivalitäten der Träger und die Gefahren und Abenteuer auf der mehrere Hundert Kilometer langen Wegstrecke beschreiben. Gerade hier zeigt sich die Durchdringung von Livingstones Begleitern mit dem christlichen Glauben und die Orientierung an London, aber auch die Ablehnung von Fremdherrschaft in Person einst des Sultans von Sansibar oder der Raubzüge arabischer Sklavenhändler wie Tippu Tip.
Gut recherchiert
Der Roman „Aus der Dunkelheit strahlendes Licht“ ist gut recherchiert, und doch ist er kein historischer Roman. Das Problem aber ist, dass offenbar auch die Autorin Gappah nicht wusste, ob sie die Handlung als Aneinanderreihung von Anekdoten und Szenen gestalten sollte oder als durchgehende Erzählung, die in einem Finale kulminiert. Der Wunsch, den historischen Fakten gerecht zu werden, drosselte sichtlich den erzählerischen Spielraum, so dass die Lektüre zwiespältig ist.
Die Kulisse des Expeditionslebens der Träger ist gewiss faszinierend und so noch nicht gewürdigt worden, aber der rote Faden und ein dramaturgischer Bogen fehlen in dem Handlungsverlauf gleichwohl. So ist es mehr das Thema dieses Romans, das anspricht, weniger seine literarische Ausarbeitung. malo