Pandemie

Mediziner-Masken kommen bald aus Heidelberg

Von 
Michaela Roßner
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(v.l.): Oberbürgermeister Eckart Würzner erkundigt sich bei Peter und Thomas Oswald über die Produktion von FFP2-Masken, die Mitte Juni in Wieblingen anlaufen soll. © Philipp Rothe

Heidelberg. Die Heidelberger Unternehmer Peter und Thomas Oswald haben OP-Masken schon sehr lange im Warenkatalog ihres Friseur-und Kosmetik-Großhandels: Ihre Kunden – vor allem Fußpfleger und Kosmetiker – banden sie bereits vor dem Auftauchen des neuen Coronavirus routiniert vor Mund und Nase. Die aktuelle Pandemie hat die Nachfrage nach Masken explodieren lassen. Gleichzeitig stockte der Nachschub aus China. Ermutigt von der städtischen Wirtschaftsförderung und Oberbürgermeister Eckart Würzner steigen die Oswalds nun selbst in die Produktion ein: Im Wieblinger Gewerbegebiet sollen ab Juni bis zu 700 000 Masken des Typs FFP2 gefertigt werden.

„Besonders Einrichtungen im Gesundheitswesen sind dringend auf qualitativ hochwertige Schutzmasken angewiesen“, lobt Würzner das Engagement der Firma. Es könne nicht angehen, dass solch ein „systemrelevantes Produkt“ wie Profi-Schutzmasken ausschließlich in einem Land – nämlich China – hergestellt würden. „Wir müssen unabhängiger von weltweiten Lieferungen werden“, fügt der Stadtchef hinzu. „Wir brauchen viel mehr solcher Firmen“, schiebt Würzner hinterher. Mehr als eine Million Euro investieren die Oswalds in den Produktionsstart. „Das bedeutet auch, dass ich zehn Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zurückholen kann“, erklärt er mit Verweis auf das kleine Hotel mit Restaurant, das mit der Reisesperre seine Gäste verlor.

Einwegmasken – auch OP-Masken genannt – hat Oswald bis zum Auftauchen des Coronavirus im 50-Stück-Pack für 7,95 Euro verkauft, erzählt Vater Peter Oswald. Nun muss er für die gleiche Menge schon im Einkauf 30 Euro selbst bezahlen. Sein Verkaufspreis liegt bei 37,50 Euro, unterfüttert er die Kostenexplosion mit Zahlen. Auch bei den Profi-Masken, die Ärzte und medizinischen Personal benötigen (FFP2-Standard), habe die riesige Nachfrage den Preis nach oben klettern lassen: „Für drei Stück zahlt man in einer Apotheke 15 oder 16 Euro.“

Als China weder in die Produktion einstieg, habe es zunächst stark an der Qualität gehapert: „Statt 95 Prozent Filterleistung nur 60 Prozent“, beschreibt Oswald das Ergebnis einer in Deutschland beauftragten Qualitätsprüfung. Oswald zeigt ein Foto aus einer chinesischen Lagerhalle, in der tausende von geöffneten Paketen mit frisch produzierten Masken stehen: Als die Mängel der – mit Stempel und Gütesiegel versehenen – Masken aus der Schnellproduktion bekannt wurden, habe China zwei Milliarden für den Export gedachten Masken gestoppt.

Heidelbergs gute Drähte nach Asien haben in den vergangenen Wochen dafür gesorgt, dass die Stadtverwaltung sogar Kontingente an das Land weitergeben konnte: „Wir waren entsetzt zu sehen, dass die Versorgungsketten der Krankenhäuser zum Teil zusammengebrochen waren“, beschreibt Würzner.
Die beiden später je zwölf Meter langen Maschinen sind auf der „neuen Seidenstraße“ über Russland unterwegs nach Heidelberg: In China produziert, transportiert sie seit Freitag ein Zug nach Mannheim. Ende Mai sollen die beiden Produktionslinie – sie stanzen und falten Vlies aus langen Bahnen in Form - aufgebaut werden. 50 Masken können pro Minute geformt werden. Eine Lagerhalle im Wieblinger Gewerbegebiet haben die Oswalds, die unter anderem in der Eppelheimer Straße ein Boarding-Haus betreiben, bereits.

„Mit Hygieneprodukten ist unser Familienbetrieb entstanden“, erzählt Peter Oswald mit Blick auf vier Generationen: In der Plöck hatte seine Großmutter 1925 einen Seifenhandel eröffnet. Später wurde daraus der Friseur- und Kosmetikbedarf-Großhandel. Drei Generationen arbeiten heute zusammen. Vater Karl (90) ist zwar zur Zeit coronabedingt „freigestellt“ vom Tagesgeschäft, nimmt sonst aber rege Anteil an der Firma. Mit Sohn Thomas hat das Qualitätsmanagement einen Schwerpunkt bekommen: „Wir haben zeitweise fünf Zertifizierungen erfüllt. Jetzt sind es noch drei.“

„Nachhaltig“ sollen die Masken „Made in Heidelberg“ sein – schon deshalb, weil der Transport per Flugzeug um die halbe Welt überflüssig wird. Der Preis der Masken muss wettbewerbsfähig sein. Und wer weiß, vielleicht beliefern die Oswalds sogar eines Tages Asien? „Made in Germany“ ist dort nach wie vor Gütesiegel – und Heidelberg sowieso.